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Berlin: Senat will das Olympiastadion übernehmen

Nach Walter-Bau-Pleite: Betreibergesellschaft soll aufgelöst werden. Hertha BSC dann nur noch Pächter

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Nach der Pleite der Walter Bau AG überlegt der Senat, das Olympiastadion unter seine Fittiche zu nehmen. Das heißt: Die Besitzgesellschaft wird aufgelöst, und das Nutzungsrecht am Stadion fällt inklusive der Pachteinnahmen dem Land Berlin zu. Gleichzeitig übernimmt der Senat einen Kredit von 46 Millionen Euro, mit dem die neue Arena teilweise bezahlt worden ist. Für die Überführung des Olympiastadions in Landesregie müsste die Betreibergesellschaft – an der Berlin, Hertha BSC und Walter Bau beteiligt sind – in die Insolvenz geschickt werden.

Dies sei eine „denkbare Folge“, bestätigte gestern der Sprecher der Finanzverwaltung, Matthias Kolbeck. Auch die Regierungsfraktionen SPD und PDS hätten die Idee „positiv aufgenommen“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der PDS, Carl Wechselberg, dem Tagesspiegel. Damit würde ein „unnormaler Zustand“ beendet, fügte der SPD-Abgeordnete Bert Flemming hinzu. Denn zurzeit ist Hertha BSC zugleich Pächter und Mitbetreiber des Stadions. Sollte das Land den Betrieb und die Schulden künftig alleine schultern, müsste mit Hertha aber ein neuer Pachtvertrag ausgehandelt werden, um die Finanzkalkulation auf solide Füße zu stellen.

Noch gibt Hertha 5,8 Millionen Euro jährlich in den großen Topf. Zusätzliche „sonstige Einnahmen“ von 1,8 Millionen Euro sind eingeplant. Damit müssen das Stadion unterhalten und der 46-Millionen-Kredit bedient werden. Im Geschäftsjahr 2004, so wurde gestern im vertraulich tagenden Vermögensausschuss bekannt, schloss die Betreibergesellschaft mit 2 Millionen Euro minus ab. Der Verein hilft zwar noch mit einem Liquiditätsdarlehen aus. „Aber das funktioniert höchstens noch ein Jahr“, schätzt der Grünen-Abgeordnete Jochen Esser.

Es gibt ein zweites Problem. Nach der vorläufigen Insolvenz des Bauunternehmens weigert sich der Senat, eine Schlussrate von 4 Millionen Euro an Walter Bau auszuzahlen. Denn dieser Forderung stehen vertragliche Ansprüche des Landes Berlin gegenüber, die nun aufgerechnet werden. Ein Baustopp ist die Folge. 25 Texttafeln, Monitore und eine Multimedia-Installation, die außerhalb des Stadions dessen Geschichte dokumentieren sollen, können nicht aufgebaut werden. Bei der „zentralen Gebäudeleittechnik“ und den Außenanlagen sind die Arbeiten noch nicht abgeschlossen, sagte der Projektleiter für das Olympiastadion, Andreas Berr. Außerdem müssten noch „quer durch alle Gewerke“ Baumängel beseitigt werden, „die sich aber im normalen Rahmen halten“. Kopfzerbrechen bereitet sogar die schöne Dachkonstruktion. Denn mit der Insolvenz von Walter Bau fallen die Gewährleistungsansprüche über zehn Jahre weg, sollten an der technisch aufwändigen Konstruktion Baumängel auftreten.

Hertha-Chef Dieter Hoeneß war gestern Abend für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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