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Berlin: Senator Böger nennt Giftliste instinktlos Sondersitzung des Parlaments zur Sparpolitik des Senats

Sarrazin: Liste ist ohne jede politische Gewichtung

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Parlament wird sich am Sonnabend mit der „Giftliste“ des Finanzsenators Thilo Sarrazin (SPD) befassen. In einer Sondersitzung auf Antrag der CDU, unterstützt von Grünen und FDP. Unmittelbar vor der Plenarsitzung tagt der Hauptausschuss, in dem Sarrazin den Haushältern Rede und Antwort stehen muss. Bildungssenator Klaus Böger kritisierte den Sparkatalog heftig: „Vorschläge, die Kita-Gebühren um hundert Prozent zu erhöhen und gleichzeitig das Angebot zu verschlechtern, sind instinktlos und offenbaren eine nicht hinnehmbare soziale Kälte.“

Sarrazin fühlte sich davon nicht angesprochen und erläuterte dem Tagesspiegel den Zweck der Liste so: „Ich habe meine Beamten lediglich beauftragt, unter dem Aspekt der technischen und rechtlichen Machbarkeit, ohne jede politische Gewichtung, Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung zusammenzutragen.“ Diesen Auftrag habe die Haushaltsabteilung der Finanzverwaltung erfüllt. Die Liste müsse nun noch „weiter fortentwickelt“ werden. Die eigentliche Frage sei aber, so Sarrazin: „Was ist politisch wünschenswert und durchsetzbar?“ Über die Details ließe sich trefflich diskutieren. Zu den einzelnen Punkten des Sparkatalogs wollte sich der Senator nicht äußern.

In der Sondersitzung des Abgeordnetenhauses wird der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Position des Senats erläutern. Die SPD-Fraktion ist ziemlich böse auf Sarrazin. „Unser Ingrimm ist größer als der der PDS“, hieß es. Der Parlamentssitzung sieht die rot-rote Koalition trotzdem gelassen entgegen. „Reines Wahlkampfgetöse“, urteilte PDS-Fraktionsgeschäftsführer Uwe Doering. „Jeder weiß, dass diese Liste niemals umgesetzt wird. Die Parlamentssitzung ist überflüssig“, so Fraktionschef Michael Müller. Auch er sprach von einer „Wahlkampf-Show“.

Die Opposition sieht das anders. Die Berliner hätten ein Anrecht darauf zu erfahren, was es mit der „Kapitulationsliste“ auf sich habe, erklärte CDU-Fraktionschef Frank Steffel. Der Senat müsse das Parlament noch vor der Bundestagswahl über seinen Kurs informieren, forderte der Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland. Die Zukunft Berlins und der soziale Frieden seien in Gefahr. Lob für Sarrazin gab es von der FDP. „Auch wenn seine Giftliste teils abwegige und gefährliche Vorschläge enthält, hat er wenigstens den Mut, den Berlinern vor der Wahl reinen Wein einzuschenken“, sagte FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner.

Negative Auswirkungen der neuen Spardiskussion auf das Wahlergebnis befürchtet hauptsächlich die PDS, die bundesweit um jeden Prozentpunkt hinter dem Komma kämpfen muss. „Die Nervosität ist groß“, verlautete aus PDS-Kreisen. Der Diskussionsbedarf auch. Zwar verzichtete der kleinere Koalitionspartner auf die Einberufung des Koalitionsausschusses, könnte sich nach dem Wahltag aber eine „Arbeitsklausur“ der SPD- und PDS-Spitzen zur Haushaltspolitik vorstellen.

Sarrazin wird heute den Entwurf des Rechtsgutachtens in Empfang nehmen, das Grundlage sein wird für einen Antrag Berlins auf Sanierungshilfen durch den Bund. Wenn im November/Dezember die neue Bundesregierung gebildet werde, „wäre es gut, wenn der Bund verbindlich erfährt, was Berlin will“, so Sarrazin. Der Bund werde dann ein Konzept des Senats zur Haushaltskonsolidierung verlangen. Der Einsparbedarf, 2,5 Milliarden Euro, sei bekannt, müsse aber erst noch „inhaltlich belegt“ werden.

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