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Spiegelbild der Gesellschaft. Der zunehmende Radverkehr ist gut für Stadt und Menschen. Aber mit der Zahl der Radfahrer steigt auch die derer, die schwer verunglücken.

© dpa

Verkehrssicherheit: Senioren und Frauen radeln gefährlich

Der Berliner ADFC hat die polizeilichen Unfallbilanzen der vergangenen fünf Jahre ausgewertet. Gerade bei den am schwersten verunglückten Radfahrern zeigten sich dabei überraschende Ergebnisse.

Radfahrer leben gefährlich – aber nicht in erster Linie die, bei denen man das am ehesten annehmen würde: Einer Analyse des Radfahrerclubs ADFC zufolge war jeder zweite Radler, der in den vergangenen fünf Jahren in Berlin starb, älter als 55 und jeder Dritte über 65. Die für Regelmissachtung berüchtigten, meist jüngeren „Kampfradler“ fallen dagegen in der Statistik der Verunglückten weniger auf, als ihr Fahrstil es vermuten ließe. Nach Auskunft von ADFC-Vorstand Bernd Zanke ist auch bundesweit seit Jahren konstant die Hälfte der 400 tödlich verunglückten Radler älter als 60 Jahre.

Für seine Berliner Analyse hat der ADFC die Unfallbilanzen der Polizei aus den vergangenen fünf Jahren ausgewertet – wobei die Statistik für 2012 wegen einer Intervention der Innenverwaltung noch immer nicht offiziell vorliegt. Bekannt ist allerdings, dass im vergangenen Jahr 15 Radler tödlich verunglückt sind – vier mehr als 2011. Auch die Zahl der verletzten Radler dürfte gestiegen sein. Dramatisch ist aus Sicht des ADFC der Befund bei den Abbiegeunfällen, die mit 21 getöteten Radlern binnen fünf Jahren die gefährlichsten bleiben. In 14 Fällen – also bei zwei Dritteln dieser Unfälle – waren Frauen die Opfer. Bei den 16 von Lastwagen verursachten Abbiegeunfällen traf es Frauen sogar in zwölf Fällen, also zu 75 Prozent. Diese Quoten sind umso auffälliger, als über alle Unfallarten zusammengenommen mehr Männer als Frauen auf dem Fahrrad tödlich verunglücken.

Dass 11 der 16 Lkw-Abbiegeunfälle auf herkömmlichen (und nur noch ausnahmsweise benutzungspflichtigen) Hochbord-Radwegen geschahen, bestärkt den ADFC in seiner Forderung nach mehr Schutzstreifen auf der Fahrbahn, bei denen sich die Beteiligten besser sehen können. Die Abbiegeunfälle geschehen meist, wenn sowohl der Verursacher als auch das geradeaus radelnde Opfer „Grün“ haben.

Siegfried Brockmann, der die Unfallforschung der Versicherer leitet, fordert angesichts der ungebrochenen Beliebtheit der Gehweg-Radwege gerade bei weniger routinierten Radlern, an Kreuzungen konsequent Sichthindernisse zu beseitigen. Hoffnung setzt er in die Entwicklung mitschwenkender Außenspiegel, mit denen Lkw-Fahrer auch noch während des Abbiegens den Radweg im Blickfeld behalten können. Der ADFC hat seine Analyse bereits mit Polizei, Senat und Fuhrgewerbe-Innung diskutiert.

Während Letztere sich wenig engagiert gezeigt habe, sei die Zusammenarbeit mit der Polizei – namentlich mit deren neuem Präsidenten Klaus Kandt und Verkehrspolizeichef Markus van Stegen – sehr gut, berichtet Zanke. Van Stegen hatte für 2013 ein neues Konzept angekündigt, um Autofahrer beim Abbiegen konsequenter zu kontrollieren. Seit 2008 starben insgesamt 248 Menschen im Berliner Straßenverkehr: 123 Fußgänger, 52 Radler, 46 Moped- oder Motorradfahrer und 27 Autoinsassen. Dominierende Ursache bei den Fußgängern ist laut Polizei „Missachtung des Fahrzeugverkehrs“.

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