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Berlin: Sichere Geschäfte

"So zynisch es klingen mag, aber die Anschläge vom 11. September haben der SiTech vermutlich das Leben gesichert", sagt einer der Aussteller auf der Messe für Sicherheitstechnik, die gestern auf dem Gelände unterm Funkturm eröffnet wurde.

"So zynisch es klingen mag, aber die Anschläge vom 11. September haben der SiTech vermutlich das Leben gesichert", sagt einer der Aussteller auf der Messe für Sicherheitstechnik, die gestern auf dem Gelände unterm Funkturm eröffnet wurde. Am Stand der Firma "primion Technology" aus Stetten, die Kontrollsysteme für Zugänge herstellt, wird diese Einschätzung indirekt bestätigt. Das Unternehmen macht zum dritten Mal mit bei der SiTech. Diesmal wäre ihr Auftritt beinahe auch der letzte auf der Berliner Messe gewesen. Denn der Erfolg der Messe war in den letzten Jahre eher bescheiden. Diesmal allerdings lautet die Erfahrung: Nach den Anschlägen in den USA ist die Sensibilität für Sicherheitsfragen gestiegen. Erstmalig hatten die Mitarbeiter ihre Terminkalender für Beratungsgespräche bereits vor Messebeginn voll.

Um rund 15 Prozent, sagt ein Sprecher, seien die Anfragen nach der Technik von "primion" gestiegen. Die Kundschaft kommt aus der Privatwirtschaft - etwa von Hightech-Entwicklungsfirmen - wie auch von Einrichtungen und Behörden. Es interessierten sich beispielsweise verschiedene Gesundheitsverwaltungen und Kliniken für verbesserte Zugangssicherungen zu Bereichen, die mit Bakterien in Berührung kommen können. Bei der Polizei in Hannover, sagt der Standleiter, habe die Firma ein komplettes Zugangskontrollsystem installiert. Die Kosten für ein "hochwertiges System mit Kartenleser und dahinter liegender Datenbank" liegen nach Angaben des Sprechers bei durchschnittlich 2500 Mark pro Tür.

Drei Stände weiter kann die Konkurrenz das gestiegene Kundeninteresse an weit höheren Erfolgszahlen fest machen. Zwischen 35 und 40 Prozent seien die Anfragen seit dem 11. September gestiegen, sagen die Vertreter der Firma Interflex aus Stuttgart. Besonders Versandhäuser, größere Handelsketten und Flughafengesellschaften zeigten plötzlich ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis. Allerdings könne man derzeit noch nicht sagen, ob aus den Anfragen letztlich auch Aufträge würden. Wie "Primion" produziert auch "Interflex" Systeme zur Herstellung von Ausweisen und Zugangskontrollen, alles auf digitaler und biometrischer Basis. Doch die Branche ist nicht nur zufrieden, weil der Absatzmarkt für ihre Produkte größer geworden ist. Mittlerweile sei den Kunden "die Qualität der Systeme wichtiger als der Preis".

Steigendes Interesse an ihren Produkten erklären auch die Hersteller von Video-Überwachungssystemen. Die Privatwirtschaft spiele für sie allerdings eine untergeordnete Rolle, heißt es beim amerikanischen Hersteller "Andover Controls". Vielmehr gehe es um die Ausrüstung von Schulen und öffentlichen Gebäuden mit Videokameras. Zwei weitere wichtige Bereiche sind der öffentliche Nahverkehr und die Überwachung größerer Plätze. Zirka 25 Prozent mehr Anfragen hat das Unternehmen ausgemacht. Einen unmittelbaren Bezug zu den Anschlägen vom 11. September sieht man bei "Andover Controls" allerdings nicht unbedingt.

Seit 1993 findet die SiTech alle zwei Jahre in Berlin statt. Die Messe ist kontinuierlich kleiner geworden und einen Schwerpunkt auf komplizierter Sicherheitstechnik - der wäre im Moment naheliegend - gab es in diesem Jahr nicht. Auch im begleitenden Kongress ging es eher um mehr Sicherheit im Einzelhandel. Eine vertane Chance? Eher ein Problem der Flexibilität, meint der Pressesprecher der SiTech, Michael Hassenkamp. Messen benötigten eine lange Vorbereitungszeit, sagt er. Auf die aktuelle Situation habe das Management deshalb nicht mehr reagieren können.

Otto Diederichs

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