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Berlin: Sicherheit für Kinder – viele Spediteure wollen jetzt den lebensrettenden Spiegel Die Kampagne gegen den Toten Winkel ist angelaufen. Der erste Lkw wurde umgerüstet

Es ist ganz einfach. Martin Keune fährt nach Feierabend zu Spediteur Wolfgang Kraaz nach Neukölln, krempelt die Hemdsärmel hoch und nimmt den Stahlbohrer in die Hand.

Es ist ganz einfach. Martin Keune fährt nach Feierabend zu Spediteur Wolfgang Kraaz nach Neukölln, krempelt die Hemdsärmel hoch und nimmt den Stahlbohrer in die Hand. „Ich bin kein Heimwerker - aber jetzt leiste ich Pionierarbeit“, sagt der 44-jährige Vater und schraubt den ersten gespendeten Dobli-Spiegel an einen 7,5 Tonnen schweren Mercedes.

Ein paar Widrigkeiten nimmt Keune mit Leichtigkeit. So liegt die Montage-Anleitung nur auf Holländisch bei. „Die werde ich übersetzen lassen“, sagt Keune. Von der benachbarten Kfz-Werkstatt leiht er sich Nietzange und Imbus-Schlüssel – und eine halbe Stunde später sitzt der gekrümmte Rückspiegel fest an der Motorhaube.

Fuhrunternehmer Kraaz staunt über die enorme Wirkung der Spende. Er platziert zum Test sein Motorrad direkt neben den Lkw. Vom Fahrersitz kann er es in den drei herkömmlichen Rückspiegeln nicht sehen - nur im Dobli-Spiegel rückt das Fahrzeug sofort ins Blickfeld.

Martin Keune wird in Zukunft öfter mit Lkw-Umrüstungen zu tun haben: Seit gestern gibt es das Spendenkonto seiner Initiative „Dobli-Spiegel für Lkw“. Bei Aktionsleiter Keune rufen im Minutentakt neue Spender an. „Ich finde das Projekt einfach klasse“, sagt eine Hausfrau – sie überwies spontan 1000 Euro auf das Konto. Von dem Geld kauft Keune die holländischen Dobli-Spiegel und spendet sie Berliner Fuhrunternehmern. „Das Thema berührt mich einfach – nicht nur, weil mein eigener Sohn gerade Fahrrad fahren lernt“, sagt Frank Becker, einer der Spender.

Einige Spediteure schreiten selbst zur Tat und befestigen Dobli-Spiegel auf eigene Kosten. Auch Wolfgang Kraaz verspricht: „Wenn mich der Dobli überzeugt, lasse ich alle meine Lkw damit ausstatten.“ Ebenso handelten die Firmen Machule Heizöl, Schleiferei Brucklacher und Lkw-Vermieter KLV Rent. Auch Thiel Logistik, Lieferant der Fast Food-Kette Burger King, montierte jetzt den ersten zusätzlichen rechten Außenspiegel. Das Unternehmen kündigte an, alle Fahrzeuge umrüsten und sich zukünftig neue Lkw nur mit diesem Spiegel ausliefern zu lassen. Ein Burger-King-Truck hatte vor einem Monat in Berlin den neunjährigen Dersu getötet, weil der Fahrer das Kind im toten Winkel übersehen hatte. Auch die BVG kündigte daraufhin an, alle Omnibusse mit dem Bauteil auszustatten.

Auf die Dobli-Aktion hin meldeten sich außerdem Speditionen, die sich ebenfalls die lebensrettenden Rückspiegel wünschen. Folgende Firmen würden gerne Dobli-sicher fahren: Kfz-Werkstatt Grothe in Moabit, Barth Transporte in Friedenau, Borkowski Umzüge in Zehlendorf, Spedition Lex in Pankow, Spedition Haberling Charlottenburg und Möbelspedition Wilken in Mariendorf.

In Holland sind die kleinen Helfer gegen den toten Winkel bereits ein voller Erfolg. Um die Hälfte ist dort die Zahl der schweren Fahrradunfälle zurückgegangen, seit Laster mit speziell geformten Spiegeln ausgerüstet werden müssen. In Deutschland sind die 150 Euro teuren Dobli-Spiegel zwar zugelassen, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Interessierte können unter dem Stichwort „Dobli“ auf das Konto 72 00 272 92 spenden bei der Berliner Sparkasse, BLZ 100 500 00. Informationen gibt Martin Keune unter Telefon 21477700 .

Carola Padtberg

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