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Berlin: Sieger im Herzen

100 000 Fans trösteten ihre Mannschaft am Brandenburger Tor – und freuten sich auf die WM 2010

Niederlage? Welche Niederlage? Keine 16 Stunden nach dem Schlusspfiff von Wien haben gestern Nachmittag 100 000 Fans auf der Straße des 17. Juni die deutsche Mannschaft gefeiert. Die meisten im Publikum waren Schüler – Bildungssenator Jürgen Zöllner hatte Berlins Schulleitern in einem Brief empfohlen, den Schülern auf Wunsch frei zu geben. Marcel und Jonas, beide 15, von der Fichtenberg-Oberschule in Steglitz freute das. Welches Fach sie verpasst haben? „Nur den Spanischunterricht.“

Allerdings waren nicht alle Schulleiter vom Brief ihres Senators begeistert. Das Max-Planck-Gymnasium in Mitte etwa gab nur Schülern ab der neunten Klasse frei, die Jüngeren könne man wegen der Aufsichtspflicht nicht einfach „während der Unterrichtszeit durch die Gegend spazieren lassen“, sagte Direktor Herbert Schkutek. Am Zehlendorfer Schadow-Gymnasium ließ der Leiter nur die Schüler gehen, die ein Schreiben der Eltern mitgebracht hatten.

Auch Klaus Wowereit war zur Fanmeile gekommen. Erst begrüßte der Regierende auf der Bühne die Fanmassen, dann im Backstage-Bereich die eintreffenden Spieler. Mit Jens Lehmann und Bastian Schweinsteiger plauderte er etwas länger. Wowereits Mitarbeiter hatten das aus dem Roten Rathaus das Gästebuch mitgebracht, alle Spieler und die Trainer trugen sich ein. Nur die Verteidiger Christoph Metzelder und Per Mertesacker liefen in der Hektik am Gästebuch vorbei – und mussten später bei der Abreise kurz abgepasst werden.

Die Spieler waren offensichtlich von der Masse der Fans überrascht. Einen kleinen Vorgeschmack auf die Menschenmenge hatten sie schon bei ihrem Anflug auf Berlin bekommen. Ihre Boeing 737 hatte bei nahezu wolkenfreiem Himmel ein paar Ehrenrunden über dem Brandenburger Tor gedreht – und zwar nur knapp oberhalb des Sperrgebiets, das bis 1524 Höhenmeter reicht.

Mit den gestrigen 100 000 Fans haben die Meile insgesamt 1,6 Millionen Menschen an vier Tagen besucht. „Die FanMeile ist eine Erfolgsgeschichte für Berlin“, sagte gestern der Veranstalter. Auch zur Weltmeisterschaft in zwei Jahren möchte er wieder eine Meile eröffnen – dann am liebsten nicht erst zum Halbfinale. Eine Genehmigung von Seiten des Senats wäre leichter zu bekommen, wenn die Fanmeile an einen Ort umziehen würde, an dem weniger Straßenabsperrungen nötig sind. Der Veranstalter möchte aber auf der Straße des 17. Juni bleiben: „Das Brandenburger Tor gehört zur Fanmeile dazu“. Einen Umzug – etwa in die Wuhlheide – kann er sich nicht vorstellen. Auch die Händler und Imbissverkäufer zogen gestern ein positives Fazit – und bedauerten mehrheitlich, dass die Meile nicht schon viel früher eröffnet worden war. Zum Beispiel die zwei Damen vom Bratwurstgrill Roder: „Der Chef hätte sich darüber gefreut!“ Fanartikel-Verkäufer Enzo Basso zählte die Verkaufsrenner der letzten Tage auf: Hawaii-Ketten, Perücken und natürlich schwarz-rot-goldene Fahnen.

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