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Mobiler Einsatz. Erik Tannhäuser vor seinem „Anhänger der Kunst“. Foto: Moritz Georg

© Georg Moritz

Berlin: Skulpturen auf Rädern

Erik Tannhäuser zeigt seine Kunst im Anhänger

Mit so unterschiedlichen Reaktionen hatte Erik Tannhäuser nicht gerechnet. Auf dem Kurfürstendamm sei sein Anhänger sogar zum Massenereignis geworden, berichtet der Berliner Bildhauer. Ganze Touristengruppen hätten sich vor dem weißen Kasten versammelt, um die Skulptur im Inneren zu betrachten. Hier auf dem Teltower Damm in Zehlendorf scheint es hingegen so, als trauten sich die Leute nicht recht, dem unbekannten Objekt mit der Aufschrift „Anhänger der Kunst“ näher zu kommen. Nur wenige bleiben stehen und werfen mehr als einen spontanen Blick durch die beiden länglichen Schaufenster. Den Künstler stört das nicht. Für ihn beweise dies lediglich die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft.

„Die Leute haben immer weniger Zeit, in Museen zu gehen, und im öffentlichen Raum wird die Kultur überwiegend von Werbebildern auf Plakatwänden oder in Schaufenstern bestimmt“, sagt Tannhäuser. Genervt von dieser Kunstarmut, investierte er 10 000 Euro in seinen Ausstellungsraum auf Rädern und stellt ihn seit einem Monat auf Straßen, Gehwegen und Plätzen zur Schau, jede Woche an einem anderen Ort. Wichtig ist ihm dabei: Kunst darf dort nicht zu vermuten sein. Tannhäusers Ziel ist es schließlich, Kunst in den Alltag der Menschen zu integrieren, weil sie dort kaum mehr stattfinde. „Kunst ist für mich Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, also muss sie dieser auch frei zugänglich sein und nicht nur in Galerien auf einen potentiellen Käufer warten.“

Wer sich traut, sich mit Tannhäusers „Anhänger der Kunst“ auseinanderzusetzen, erblickt im Inneren eine eineinhalb Meter große Stahlfigur. Sie zeigt einen nackten, dünnen, nach vorne gebeugten Mann. „Manchmal sind die Reaktionen recht lustig“, sagt Tannhäuser. So habe ihn eine Frau aufgefordert, dem Mann doch etwas zu essen zu geben, während eine andere sich um die Standfestigkeit der Männergestalt sorgte. Und auch an diesem Tag kommt der Künstler nicht ohne Verbesserungsvorschläge davon. „Die Aktion finde ich toll“, lobt eine Zehlendorferin den Anhänger. „Aber stellen sie doch bitte noch eine weitere Figur hinein, damit das Männlein darin nicht so einsam wirkt.“

Tannhäuser freut sich über solche Reaktionen. Schließlich wolle er ja auch Emotionen auslösen. „Ich habe daher bewusst auf eine Infotafel mit meinem Namen und dem des Kunstwerks verzichtet“, sagt er. Allein die Bildsprache solle die Menschen anregen. Um dies zu erreichen, stellt Tannhäuser auch nicht irgendwelche Skulpturen in den Anhänger. Jede ist an den Raum angepasst, weshalb es bis zu drei Monaten dauere, bis eine neue Figur fertig sei. „Als Nächstes ist geplant, einen Teil eines Badezimmers einzubauen, um nicht nur die Kunst an einen Alltagsort zu bringen, sondern sie auch in alltägliche Situationen einzubinden.“ In den kommenden Wochen wird Tannhäusers Kunstraum unter anderen auf dem Bertolt-Brecht-Platz in Mitte und in der Schlossstraße in Steglitz zu sehen sein. Alexander Budweg

Der „Anhänger der Kunst im Internet unter www.adkberlin.net

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