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Berlin: "So etwas geht ja nicht auf Knopfdruck"

Auf den Berliner Geburtsstationen sehen die Ärzte dem begehrten Geburtsdatum gelassen entgegenKatharina Voss Einer kanadischen Firma ist es zwei Millionen Dollar wert: Das Millennium-Baby. Das Kind, das im Jahr 2000 in Nordamerika als erstes das Licht der Welt erblickt, bekommt zwei Millionen Dollar.

Auf den Berliner Geburtsstationen sehen die Ärzte dem begehrten Geburtsdatum gelassen entgegenKatharina Voss

Einer kanadischen Firma ist es zwei Millionen Dollar wert: Das Millennium-Baby. Das Kind, das im Jahr 2000 in Nordamerika als erstes das Licht der Welt erblickt, bekommt zwei Millionen Dollar. Aber auch in Berlin ist der Anfang des neuen Jahrtausends ein begehrtes Geburtsdatum. Die Krankenhäuser bereiten sich auf überdurchschnittlich viele Geburten im Dezember und Januar vor. Keiner weiß allerdings genau, wieviele Berliner auf ein Jahrtausend-Baby hoffen.

"Es gibt keine Möglichkeit, genaue Zahlen zu bekommen", sagt Andreas Luttkus, Oberarzt im Virchow-Klinikum in Wedding. In dem Krankenhaus kommen pro Tag rund zehn Kinder auf die Welt. Luttkus schätzt, dass es in den Monaten Dezember und Januar rund ein Viertel mehr werden könnten. Seit Anfang Dezember hat ein zusätzlicher Arzt im Virchow-Klinikum Bereitschaftsdienst. Große Sorgen macht sich Luttkus aber nicht: Befürchtungen, es könnte zu chaotischen Verhältnissen in den Krankenhäusern kommen, hält er für übertrieben. "Das verteilt sich ja. Außerdem gibt es auch Mütter, die wollen gar nicht, dass ihr Kind am 1. Januar kommt", berichtet Luttkus, "denen ist ein anderes Datum viel lieber." Die Frauen fürchten sich vor überarbeiteten Hebammen und zu viel Betrieb auf der Geburtsstation, hat der Arzt erfahren.

"Zum Glück geht so etwas ja nicht auf Knopfdruck", wiegelt auch Jürgen Strecker, Chefarzt im Humboldt-Krankenhaus in Reinickendorf ab. Schließlich werde nur bei rund drei Prozent der Geburten der Termin tatsächlich eingehalten - es sei also eher unwahrscheinlich, dass ein geplantes Millenium-Baby wirklich pünktlich das Licht der Welt erblicke. "Die ganze Aufregung um den Termin ist doch hochgespielt", sagt Stecker. Trotzdem bereitet man sich auch in Reinickendorf auf einen Geburtenanstieg vor und hat die Rufbereitschaft verstärkt.

Auch wenn sich die Neuankömmlinge nur selten an ihren Geburtstermin halten: Wer unbedingt den 1. 1. 2000 auf dem Geburtsschein seines Kindes haben will, kann per Kaiserschnitt nachhelfen lassen. "Das ist aber eine schwierige Sache", erklärt Klaus Jaschko, Oberarzt im Krankenhaus Friedrichshain. "Wenn es keine medizinische Indikation gibt, sollte man das Risiko der Operation nicht unbedingt eingehen." Außerdem, so Jaschko, müsse auch mit der Krankenkasse geklärt werden, ob der Eingriff bezahlt wird. Bei ihm persönlich hat allerdings noch keiner nachgefragt, ob das magische Datum auch per Kaiserschnitt auf die Geburtsurkunde gebracht werden kann. Und auch bei Andreas Luttkus wollte noch keine Frau per Kaiserschnitt das Wunschdatum erzwingen. Insgesamt, so schätzt Jaschko, werden in diesem Jahr rund 1400 Kinder im Krankenhaus Friedrichshain zur Welt kommen. Nicht zuletzt dank des Jahrtausendwechsels. "Da werden eine Reihe mehr kommen, das schätze ich schon", sagt Jaschko.

Im anthroposophischen Krankenhaus Havelhöhe sieht man den Millennium-Rummel gelassen. "Zu uns kommt ein ganz bestimmter Kreis - die mögen die Atmosphäre, die Ruhe bei uns, das Datum ist denen egal", sagt Oberarzt Matthias Wiemann. Im letzten Jahr stand Havelhöhe trotzdem für einen Tag im Scheinwerfer der Medien: Der kleine Nicolaos Rüter, der hier um 00.01 Uhr am 1. Januar 1999 geboren wurde, galt für einen Tag als das Berliner Neujahrsbaby 1999. Dann kam heraus, dass Isabell Dietze aus Kaulsdorf 45 Sekunden schneller gewesen war.

Katharina Voss

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