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Berlin: „So geht man nicht mit Freunden um!“

Streit ums Olympiastadion und die WM-Eröffnungsfeier – jetzt greifen Senat und das WM-Organisationskomitee Fifa-Chef Blatter an

Joseph Blatter hat die Stadt Berlin mächtig verärgert. „So geht man nicht mit Freunden um!“, schimpfte Sportsenator Klaus Böger (SPD) in Anspielung auf das WM-Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Er warf dem Präsidenten des Weltverbandes Fifa vor, den Senat und die Künstler der geplanten WM-Eröffnungsfeier womöglich „ohne Not hingehalten und getäuscht“ zu haben. Auch das WM-Organisationskomitee (OK) widersprach den Darstellungen Blatters.

Dieser hatte in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ gesagt, dass er mit Franz Beckenbauer bereits im November vereinbart habe, die WM-Eröffnungsfeier in Berlin abzusagen – den Kartenvorverkauf ließ er somit wider besseren Wissens starten. Die Feier wurde erst Mitte Januar offiziell abgesagt. Nach dieser Darstellung hätte also auch OK-Präsident Beckenbauer die Wahrheit verschwiegen. Dies wiederum wies OK-Vizepräsident Wolfgang Niersbach energisch zurück. Dem Tagesspiegel sagte er: Man habe im November lediglich darüber gesprochen, ob der neue Rasen rechtzeitig verlegt werde könne. Dies sei bejaht worden, „deshalb hat auch die Pressekonferenz am 30. November stattgefunden“, sagte Niersbach. „Selbstverständlich gingen Herr Beckenbauer und wir alle damals felsenfest davon aus, dass die Gala durchgeführt wird.“ Am Montagabend schloss sich Fifa-Kommunikationsdirektor Markus Siegler dieser Darstellung an („ Ich habe dem nichts hinzuzufügen.“). Für Rückfragen stand er nicht zur Verfügung.

Schon in die baulichen Maßnahmen für mehr Sicherheit im Berliner Olympiastadion hatte sich der Fifa-Präsident eingemischt. Der drei Meter tiefe Graben – der sich zwischen Tribüne und Spielfeld befindet – müsse „komplett abgedeckt“ werden, weil „Brücken und Stege nicht ausreichen“. Damit gab er den Forderungen der Stiftung Warentest Recht, die den Graben in ihrem international beachteten Sicherheitstest bemängelt hatten. Um das allgemeine Chaos zum Wochenstart perfekt zu machen, widersprach Blatter damit den Aussagen des Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble (CDU), der Aufsichtsratsvorsitzender des OK ist. In dieser Funktion verkündete dieser gestern, keine Gespräche mehr mit den Testern zu führen, „weil an den enorm hohen Sicherheitsstandards unser WM-Stadien keine Zweifel bestehen“. Dies hätten Bauexperten bestätigt.

Blatter hatte mit seiner Decklungsvariante zuvor schon die Stadtentwicklungsbehörde überrascht („Uns liegen keine Anträge vor – wir wissen nicht, was die Fifa will“) und auch Sportsenator Böger. Man habe sich seit Ende der Neunziger Jahre „1:1 an die Vereinbarungen mit der Fifa“ gehalten, sagte Böger. „Für uns gelten Verträge und nicht lockere Interviews.“

Wie berichtet, erarbeitet der Senat ein Konzept, wie Fans notfalls über den Graben gerettet werden können. Dass dieser komplett abgedeckt werden müsse, stehe nicht zur Debatte, hieß es im Senat. Auf welche Kommission sich Blatter berief, konnte ein Fifa-Sprecher nicht sagen.

André Görke

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