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So kann’s gehen: Seien Sie nicht überhöflich

Immer wieder sonntagsfragen SieElisabeth Binder.

Mein Filialleiter will mich unbedingt loswerden und betreibt in der Zentrale meine Versetzung. Auf Anraten der Kollegen bin ich ihm aus dem Weg gegangen und habe mich möglichst unsichtbar gemacht. Demnächst wechsele ich die Stelle, werde ihm aber bei der Geburtstagsfeier meines Kollegen wieder begegnen. Nun wollen die anderen, dass ich da erst hinkomme, wenn er gegangen ist. Was soll ich tun?

Wenn die Chemie zwischen zwei Menschen nicht stimmt, kann es manchmal gut sein, sich aus dem Weg zu gehen, auch wenn das defensiv wirkt. Schließlich ist es wahrscheinlich, dass das Wort des Filialleiters in der Zentrale einiges Gewicht hat. Gewiss ist es am besten, wenn man bei zufälligen Begegnungen kurz, aber höflich grüßt und notwendige Gespräche so sachlich und knapp wie möglich hält. Auf Abneigung überhöflich zu reagieren, ist ebenso falsch wie pure Ignoranz. Schließlich handelt es sich um einen professionellen Kontakt, den man am besten pragmatisch gestaltet. Es ist leicht gesagt, dass man sich vom unhöflichen Verhalten anderer nicht verletzen lassen soll. Das klappt oft sowieso nicht, aber wenn man es irgend schafft, sollte man sich das nicht anmerken lassen.

Was die Einladung betrifft, finde ich die Kollegen übervorsichtig. Man kann sich bei einer Party ja auch aus dem Weg gehen. Ich würde mich sicher nicht unbedingt zu einem Kreis dazustellen, in dem er gerade seine Urlaubserinnerungen zum Besten gibt. Aber sich per Handy benachrichtigen zu lassen, wann die Luft rein ist, käme mir auch unwürdig vor. Schließlich haben Sie jetzt den anderen Job.

Wenn der Filialleiter spürt, dass Ihre Gegenwart ihn aggressiv macht, kann er schließlich auch gehen. Vielleicht ist die Besorgnis der Kollegen nur deren eigenen Egos geschuldet. Sie wollen sich unbedingt nützlich machen und sehen Gefahren, wo ernsthaft keine sein können. Ich würde also zur Party gehen, wie geplant. Sollte es wider Erwarten doch zu einer spontanen Attacke kommen, lassen Sie sich auf einen Streit nicht ein. Dann können Sie immer noch gehen und gegebenenfalls später wiederkommen.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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