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Berlin: Sogar die CSU kämpft für das Ost-Sandmännchen Kultig Spektakulär Pädagogisch wertvoll

Der RBB überlegt, die abendliche Kindersendung einzustellen. Schon gibt es Proteste. Denn auch Erwachsene lieben die Fernseh-Figur

Berlin. „Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht so weit!“ Was ein Kinderchor zu Beginn jeder Sendung singt, könntze bald wie bitterer Hohn klingen. Denn nach der Zusammenlegung von ORB und SFB zum Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) tüftelt dessen Programmdirektion ein neues Sendeschema aus. Jedes Format wird überdacht – also auch das schon seit 1959 ausgestrahlte Sandmännchen. Wohl gemerkt: Das ehemalige Ost-Sandmännchen des DDR-Fernsehens mit dem charakteristischen Spitzbart. Seinen West-Kollege mit dem Kinnbart hat der SFB schon 1992 vom Schirm genommen. Auf die baldige Abschaffung des Sandmännchen im Berlin-Brandenburger Regionalfernsehen deutet jedenfalls hin, dass der RBB offenbar schon über eine Vorabendshow zwischen 18 Uhr und 19.30 Uhr nachdenkt. Dazu kommt eine nach Ansicht der Fernsehleute wenig überzeugende Einschaltquote: Im ersten Halbjahr schauten nur 30 000 Kinder in Berlin und 70 000 in Brandenburg die Sendung: ein Marktanteil von 3,6 und 9,8 Prozent. RBB-Pressesprecherin Claudia Hempel sagt aber, die Entscheidung sei noch nicht gefallen – erst im September soll es soweit sein. Das Sandmännchen würde dann nur noch auf dem Kinderkanal, dem MDR und dem NDR laufen.

Doch schon der bloße Gedanke der RBB-Gewaltigen an ein mögliches Ende der Sendung hat allgemeine Empörung ausgelöst. Das Deutsche Kinderhilfswerk äußerte Unverständnis, warum ein „großer Sympathieträger“ der Kinder jetzt verschwinden solle. Auch in den politischen Parteien eilt man dem Sandmännchen zur Hilfe. Martin Matz, Mitglied der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, ärgert sich: „Meine vierjährige Tochter schaut jeden Tag das Sandmännchen und findet es wunderbar. Ich hoffe nur, das genügend Eltern dem RBB ihre Meinung sagen.“ Auch Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) springt dem Sandmann bei: Dieser stehe für Heimat und schaffe Vertrautheit zur Region. Der CSU-Medien-Experte Markus Söder will eine der „besten Kindersendungen innerhalb ARD“ sogar notfalls im Bayrischen Rundfunk ausstrahlen lassen. Er fügte hinzu: „Manchmal müssen eben die Bayern die letzten Preußen sein!“

Ende 1991 wäre das Sandmännchen beinahe schon einmal abgeschafft worden. Doch Proteste von Kindern und Eltern verhinderten dies, ab 1992 übernahm der ORB die Produktion.

Der Sandmann kommt um 18.30 Uhr im NDR und RBB Brandenburg, um etwa 18.45 Uhr im RBB Berlin, um 18.50 Uhr im MDR, und um 18.55 Uhr im Kinderkanal.

Angelika Mann, 54, Entertainerin: „Das macht einen doch sprachlos! Das Sandmännchen ist Kult, und Kult schafft man doch nicht einfach ab, warum auch. Ein Sender kann auch Kinder nicht abschaffen, nur weil sie werbeunrelevant sind.“

Lukas Koch, 22, Moderator: „Das Sandmännchen war für mich ein fester Termin im Tag. Jeden Tag waren die Kulissen anders, für mich war das immer spektakulär. Ich fände es sehr schade, wenn die Sendung jetzt eingestellt würde.“

Gerlinde Kempendorff, 48, Sängerin: „Das ist eine Kulturschande, ein Frechheit! So ein pädagogisch hochwertiges Konzept, meine Kinder sind damit aufgewachsen. Ich werde dieses Jahr Großmutter und ich will, dass mein Enkelkind auf dem RBB das Sandmännchen sieht!“

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