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Berlin: Soll die U 5 weitergebaut werden?

So etwas nennt man eine Milchmädchenrechnung. Ein paar Millionen Euro aus der Landeskasse werden eingespart – zulasten der BVG, die mit einer unwirtschaftlichen Pendelstrecke zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor zurechtkommen soll.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

So etwas nennt man eine Milchmädchenrechnung. Ein paar Millionen Euro aus der Landeskasse werden eingespart – zulasten der BVG, die mit einer unwirtschaftlichen Pendelstrecke zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor zurechtkommen soll. Und auf Kosten des Bundes, der schon eine dreistellige Millionensumme in den U-Bahntunnel zwischen Alex und Pariser Platz investiert hat. Zurück bliebe eine Bauruine, zwar unterirdisch und deshalb nicht sichtbar, aber nicht minder ärgerlich. Auch der berlinfreundliche Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee wird sich über den Beschluss der Koalitionspartner SPD und Linkspartei/PDS nicht besonders freuen. Es liegt nahe, dass er vom Berliner Senat die Rückzahlung der Bundeszuschüsse für den Bau der „Kanzlerlinie“ fordern wird und keine Lust hat, ein weit gediehenes U- Bahnprojekt aufzugeben. Ein durchaus sinnvolles Projekt, denn die bestehenden U- und S-Bahnlinien verbinden das Parlaments- und Regierungsviertel und die touristischen Zentren in der Stadtmitte teilweise recht umständlich miteinander. Das gilt vor allem für das Brandenburger Tor, aber auch für den neuen Hauptbahnhof. Der Vorschlag, das ideale Massenverkehrsmittel U-Bahn durch die Straßenbahn zu ersetzen, überzeugt nicht. Zumal auch der Bau einer Tramlinie Geld kostet. Die neue U 5 würde die Infrastruktur Berlins ein kleines Stück aufwerten, im Interesse der Berliner und der Berlinbesucher.

Die neue U-Bahnlinie 55 war von Anfang an ein Schildbürgerstreich. Wer vom Alexanderplatz zum Brandenburger Tor oder zum Hauptbahnhof will, ist mit Bus oder S-Bahn bereits heute in weniger als zehn Minuten dort. Das als „Kanzler-U-Bahn“ verniedlichte Großbauprojekt soll, wenn es je vollendet wird, ebenfalls diese Strecke bedienen. Jeder, der einen Stadtplan lesen kann und sich das bestehende Nahverkehrsnetz anschaut, wird zugeben müssen: Das Renommierprojekt ist absurd, nicht erst seit dem abgeschmetterten Haushaltsnotruf in Karlsruhe. Der rot-grüne Übergangssenat legte das überflüssige Projekt vor gut fünf Jahren mit gutem Grund auf Eis. Nun warnt der Bund den Senat davor, auf den Weiterbau ganz zu verzichten, und droht mit Rückforderungen. Und auch bei der BVG heißt es optimistisch, dass der Lückenschluss der bisher aus drei Stationen bestehenden Stummelbahn vertragsgemäß „spätestens 2010“ beginne. Dazu wird es hoffentlich nie kommen. Die Hunderte von Millionen Euro, die das Wahnsinnsprojekt wohl noch verschlingen würde, werden anderswo viel dringender benötigt. Und wenn die Bundesregierung dennoch meint, sie müsse sich mit einem verkehrspolitischen Renommierprojekt schmücken: Wie wäre es mit dem Titel „Umweltfreundlichste Stadt der Welt“? Mit den für die U 55 verplanten Millionen könnte ein Fahrradwegenetz entstehen, das in anderen Metropolen seinesgleichen sucht. Lars von Törne

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