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Initiative gegen Verschuldung abgeblitzt: Der Finanzsenator bringt den Berliner Haushalt lieber allein in Ordnung

Eine private Initiative überwies Berlin Geld zur Tilgung öffentlicher Schulden. Die Finanzverwaltung reagierte spröde – aus grundsätzlichen Erwägungen. Andere Gaben werden dagegen gern genommen.

Alexander Dill hat die Berliner Finanzverwaltung vor eine völlig neue Herausforderung gestellt: „Tilgung Schulden von Berlin“, hat er als Verwendungszweck auf seine Überweisung vom 10. Januar an die Landeshauptkasse geschrieben. Die 1500 Euro sollten ein Zeichen sein – aber der Senat hat es nicht so verstanden, wie Dill es gemeint hat. Auf zweifache Nachfrage erhielt Dill kürzlich ein Dankesschreiben „im Auftrag von Herrn Senator Dr. Nußbaum“ und die Zusicherung, „dass die Mittel für die Tilgung verwendet werden“. Man begrüße zwar sein Engagement, aber bitte ihn um Verständnis, dass die Verwaltung nicht für private Initiativen werben könne.

„Die Schulden sind aber nicht privat“, sagt Dill, Ex-Charlottenburger, Soziologe, Gründer des alternativen Basler Institutes für Gemeingüter und Wirtschaftsforschung sowie der „Deutschen Tilgungsinitiative“. Letztere umfasse etwa 60 Mitstreiter, die nicht zu verwechseln seien mit den Initiativen von Wohlhabenden für höhere Steuern. „Wir müssen verhindern, dass Deutschland in der Schuldenfalle kaputtgeht“, sagt Dill, der sich in Werken wie dem Buch „Gemeinsam sind wir reich“ Gedanken über ideellen und sozialen Reichtum als Alternative zum Finanzkapital macht. Von den bisher insgesamt getilgten rund 25 000 Euro sei das Gros an die Bundeskasse überwiesen worden. Die Initiative stelle den – oft keineswegs vermögenden – Spendern als Anerkennung ein Zertifikat aus, das ihnen das Bundesfinanzministerium verweigere.

Aber der Bund habe immerhin ein eigenes Konto für diesen Zweck; ebenso wie die kürzlich mit Überweisungen bedachten Städte Hamm und Oberhausen. Das mit 62,5 Milliarden Euro verschuldete Berlin aber weigere sich sogar, ein extra Konto zur Schuldentilgung einzurichten. Dabei sei die Tilgung lokaler Schulden schon deshalb besonders sinnvoll, weil sie lokale Aufmerksamkeit schaffe. Selbst wenn das Geld dann doch im allgemeinen Haushalt versickere, bekämen die Menschen ein Gefühl für das Problem.

Die Finanzverwaltung versichert, die Ablehnung sei nicht so schroff gemeint gewesen, wie sie angekommen sei. Aber Haushaltskonsolidierung sei nun mal Kerngeschäft der Politik, die in Berlin ausweislich der jüngsten Überschüsse im Haushalt auch ernst genommen werde. Der Fall sei der erste gewesen, in dem Privatpersonen Berlin Geld ausdrücklich zur Schuldentilgung überlassen hätten.

Wenn jemand das Land freiwillig bedenkt, dann in der Regel im Testament: Etwa 40 solcher Erbschaften erhält Berlin jährlich, wie aus einer Liste der Finanzverwaltung hervorgeht. Seit 2004 kamen so rund 15 Millionen Euro zusammen. Viele Zuwendungen seien mit Auflagen verbunden: 250 000 Euro aus dem Vermögen einer 2010 gestorbenen Frau würden wunschgemäß an Pflegeheime weitergereicht, die damit Senioren ihren letzten Lebensabschnitt verschönern sollen. Ein Binnenschiffer hinterließ dem Historischen Hafen seinen Frachter „Kurier“ und dem Land 300 000 Euro zu dessen Erhaltung als Museum. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz erhielt Lesser Urys „Seine-Ufer mit Pont Royal“ als Dauerleihgabe, ein Synchronsprecher und Schauspieler hinterließ dem Land neben Schulden auch Einnahmen aus künstlerischen Rechten. Und ein pensionierter Richter vermachte seinem früheren Arbeitgeber rund 200 000 Euro sowie eine Eigentumswohnung. Er selbst habe spartanisch zur Miete gelebt.

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