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Berlin: Sollen für Kurzparker die Gebühren entfallen?

Einfach mal schnell auf dem Weg zur Arbeit das am Vorabend bekleckerte Jackett bei der Reinigung abgeben? Oder fix Brötchen holen?

Einfach mal schnell auf dem Weg zur Arbeit das am Vorabend bekleckerte Jackett bei der Reinigung abgeben? Oder fix Brötchen holen? Schneller gedacht als gemacht. Entweder ist jeder Platz voll gestellt mit Dauerparkern, weil es kostenlos ist oder – in Parkraumzonen – die Uhr verlangt sofort volle Gebühr. Welcher Autofahrer will sich das antun für die paar Minuten, besonders, wenn er mehrere kurze Erledigungen auf dem Programm hat. Deswegen tun Autofahrer dreierlei: Sie kurven ausdauernd herum, bis ein kostenloser Stellplatz gefunden ist. Oder sie parken in zweiter Spur und lassen die anderen Verkehrsteilnehmer fluchen. Drittens verzichten sie auf den Besuch beim netten Bäcker oder der kleinen Reinigung und fahren gleich ins nächste Einkaufszentrum mit kostenlosen Parkplätzen. Dabei ist vollkommen richtig: Wer in der Stadt mit dem Wagen unterwegs ist und länger parkt, soll zahlen. Aber bis zur Schikane darf das nicht gehen. Außerdem trifft es den schon jetzt hart kämpfenden Einzelhandel, wenn der Kunde erst einmal bezahlen muss, um den Laden betreten zu dürfen. Die Brötchentaste ist deshalb eine vernünftige Lösung. Dass sie auch missbraucht werden kann, spricht nicht dagegen. Auch jetzt sind Politessen emsig unterwegs, um Parksünder aufzuschreiben. Wer nach einer Stunde immer noch das Brötchenticket hinter der Windschutzscheibe hat, wird eben zur Kasse gebeten.

Für einen Parkplatz in der City oder in den Einkaufsstraßen der Bezirke zahlen zu müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Und verkehrspolitisch notwendig, wenn man ein vernünftiges Verhältnis zwischen öffentlichem Nahverkehr und privatem Autoverkehr anstrebt. Die Fahrt mit Bus und U-Bahn ist nicht billig – da muss auch der Parkplatz was kosten. In Berlin sind Stellplätze vergleichsweise günstig. In Spitzengegenden wie dem Kurfürstendamm oder der City Ost ist da sogar noch Spielraum nach oben. Auf keinen Fall sollte man jetzt dazu übergehen, mit der so genannten Brötchentaste das Kurzparken bis 15 Minuten kostenlos zu gestatten. Die Bezirke haben völlig Recht, wenn sie die Brötchentaste geschlossen – bis auf eine Ausnahme – ablehnen. Die unentgeltliche Viertelstunde würde das gesamte System aufweichen. Sie ist auch nicht vernünftig zu kontrollieren. Seien wir ehrlich, Autofahrer, die nur auf einen Sprung etwas erledigen müssen, zahlen auch heute nicht. Sie schauen sich kurz um, ob eine Politesse in Sicht ist, sprinten los – ohne einen Parkschein zu ziehen – und sind nach ein paar Minuten wieder da. Kostet das kurze Parken offiziell nichts, werden sich auch viele von denen dazu bemüßigt fühlen, die länger unterwegs sind. Ist ja nur kurz drüber, werden sie sagen. Aus 15 Minuten werden leicht eine halbe Stunde. Nein, diese Taste würde dazu einladen, die Parkuhr gar nicht zu füttern. Der Sinn der Parkraumbewirtschaftung würde allmählich ad absurdum geführt. Sigrid Kneist

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