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Zum Hirtensonntag gab es im Berliner Gottesdienst mit Lämmchen.

© dpa

Sonntags um zehn: Schäfchenstunde im Dom

Zum „Sonntag des guten Hirten“ gab es im Berliner Dom echte Lämmer zu sehen und zu streicheln. Beim Kindergottesdienst lernten die Kleinen die Arbeit eines Hirten kennen - und nebenbei auch Psalm 23.

Die Gemeinde singt, betet und hört Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Und dann tritt um viertel nach zehn Uhr Schäfer Knut Kucznik aus Altlandsberg im Berliner Dom zur Tür herein. Auf seinen Armen trägt er zwei Schäfchen.

Es ist der „Sonntag des guten Hirten“ und da wollen sie es im Dom nicht bei Worten belassen. Die Lämmer von Schäfer Kucznik sind zwei Wochen alt, haben graues Fell – und eine Stimme so laut, dass sie jetzt den ganzen Dom ausfüllen. Mäh! Mäh! Domprediger Michael Kösling leitet Schäfer, Schäfchen und 30 Kinder samt Eltern zum Kindergottesdienst in die Unterkirche. Dort setzen sich alle im Kreis auf den Teppichboden. In der Mitte laufen die beiden Lämmer kreuz und quer und blöken. Kinderhände recken sich ihnen entgegen.

Es folgt eine anrührende Dreiviertelstunde, in der Domprediger Kösling mit dem Schäfer und den Kindern über Psalm 23 spricht, über die Auen in Brandenburg, über die Aufgaben eines Hirten, über finstre Täler und Wölfe. Die älteren Kinder hören zu, die kleineren starren auf die Tiere. Schäfer Knut Kucznik, 47, hat sich seine Hirten-Sonntagskleidung angezogen: schwarzes Wams, hohe Stiefel über Filzhosen, Filzmantel und Hut. Selbstbewusst und fröhlich erzählt er, dass ihm schon sein Vater als Kind Schafe zum Hüten überlassen hat und dass vieles in seinem Beruf mit Intuition zu tun habe. Oft treibe ihn nachts ein ungutes Gefühl raus zur Herde. Manchmal hat sich ein Schaf verlaufen oder irgendwo verhakt. Er ruhe nicht, bis es nicht allen gut geht.

„Der Herr führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen“, heißt es im dritten Vers von Psalm 23. Er gehe alle Wege ab, um Baustellen, Zäune oder Löcher in den Straßen zu kennen, bevor er seine Tiere darüberschickt, sagt der Schäfer. Denn die Tiere bräuchten vor allem Sicherheit und Vertrauen. Was ihnen am wichtigsten sei, will jetzt Pfarrer Koesling von den Kindern wissen. „Süßigkeiten“, ruft der fünfjährige Konstantin, und ein paar Mädchen schlingen den Arm um ihre Mutter. „Ich möchte, dass einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht“, singen alle. Und dann dürfen die Kinder endlich tun, worauf sie schon seit einer Stunde warten: die Schäfchen streicheln. Die lassen sich bereitwillig umarmen und drücken. Er habe sie mit der Flasche großgezogen, sagt der Schäfer. Dann nimmt er die Tiere wieder auf seine Arme, nimmt den großen hölzernen Hirtenstab und verabschiedet sich. Claudia Keller

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