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SONNTAGS um zehn: Spandau strickt

Zum Kirchentag dekorieren Christen den Marktplatz.

Fröhliche Lobgesänge klangen am Sonntag durch die Spandauer Nikolaikirche. Ein ganzes Sinfonieorchester hatte in dem Gotteshaus Platz gefunden, dazu viele hundert Christen aus dem ganzen Bezirk. Sie feierten einen „Musikgottesdienst für alle Generationen“ – den Abschluss des dreitägigen Spandauer Kirchentags, der an diesem Wochenende auf dem Marktplatz und dem Reformationsplatz rund um die Nikolaikirche stattfand.

An Marktständen hatten sich Initiativen und Projekte der Spandauer Kirchengemeinden präsentiert. Auf einer Bühne wurde ein Kindermusical aufgeführt. Die Hauptrolle beim Kirchentag allerdings spielte Selbstgestricktes: Mit Wolltüchern, Schals und Decken hatten die Christen die Poller und Bäume des Marktplatzes dekoriert. Was der vom früheren Cottbuser Generalsuperintendenten Rolf Wischnath einst beklagten „Selbstinfantilisierung“ der evangelischen Kirche auf den ersten Blick schon ziemlich nahekam. Doch auch im Gottesdienst ging es um die bunten Maschen. Er stand unter einem Motto aus dem biblischen Hebräerbrief: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“

„Sie haben sich Ihren Markt bunt gestrickt“, sagte Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein in ihrer Predigt. „Jeder strickt sich ein eigenes Bild von Heimat, und aus vielen Einzelteilen wird ein Ganzes.“ Denn die bunten Wolldecken waren für die Spandauer Christen ein Bild dafür, das nichts so bleiben muss, wie es ist.

„,Die Welt ist halt so’ ist kein christlicher Satz“, sagte Trautwein. Christen seien nicht dafür zuständig, die Hände in den Schoß zu legen. Für sie gebe es vielmehr zwei Kernfragen: „Wie leben wir aufrecht mit der Gewissheit, dass nichts bleibt, wie es ist?“ Und: „Wie gelingt ein erfülltes Leben, das sich nicht einschüchtern lässt von der eigenen Endlichkeit?“

Die Generalsuperintendentin forderte die Gottesdienstbesucher auf, an diesen Fragen dranzubleiben. Sich auf die Suche zu machen, unterwegs zu bleiben, Ausschau zu halten „nach der Stadt, die Gott für uns erschaffen hat.“ Was das konkret heißt? Zum Beispiel, sich wie viele Spandauer Kirchengemeinden für benachteiligte Kinder und Jugendliche zu engagieren. Und manchmal eben auch, bunte Decken auf dem Marktplatz aufzuhängen. Benjamin Lassiwe

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