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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Sonntagsfrage: Über den richtigen Umgang mit Angebern

Im Bekanntenkreis ist jemand, der sich gern selbst in Szene setzt. Was tun, wenn man das nervig findet? Unsere Autorin weiß Rat.

In unserem Freundes- und Bekanntenkreis ist ein älterer Mann, der uns und anderen seine (wirklich) erlebten Geschichten erzählt. Er hat einer Freundin zum Bundesverdienstkreuz verholfen, er ist in einen sehr angesagten Club für Jüngere eingelassen worden, er hat einen Bundespräsidenten im persönlichen Gespräch kritisch befragt und, und, und ... Ich bin nicht neidisch, aber mir kommen diese Erzählungen angeberisch vor. (Manfred, zurückhaltend)

Angeberei hat manchmal Ursachen, die auf ganz gegenteiligen Phänomenen beruhen. Wenn jemand vollständig in sich ruht, seine Berufung gefunden hat und Erfolg hat mit dem, was er tut, braucht er in der Regel nicht noch zusätzliche Anerkennung von Freunden und Bekannten. Etwas anderes ist das bei Menschen, an denen versteckte Minderwertigkeitsgefühle nagen, die unzufrieden sind mit sich und der Welt, die übermäßig viel Zuspruch brauchen. Die stellen dann manchmal Dinge an, die ihnen vermeintlich Bewunderung einbringen, mit deren Schilderungen sie in Wirklichkeit ihre Umgebung aber nur nerven.

Gerade die von Ihnen genannten Beispiele lassen darauf schließen, dass es in diesem Fall so ist. Denn die Initiative ging ja jedes Mal von dem Freund aus, indem er eine Freundin vorgeschlagen hat für das Bundesverdienstkreuz, einen Club vielleicht früh am Abend aufgesucht hat oder sich einen Ruck gegeben hat bei der womöglich zufälligen Begegnung mit einem vielleicht früheren Präsidenten. Das alles wird er reichlich ausgeschmückt haben. Die vernünftigste Reaktion auf solche Erzählungen wäre wohl der Satz: „Du musst mir keine Heldentaten erzählen, ich mag dich auch so.“

Tatsächlich verleidet der Mann anderen Menschen den Kontakt mit ihm durch solche Schilderungen, die Zuhörern durchaus peinlich sein können. Ändern können werden Sie ihn nicht. Wenn Sie mit Ironie reagieren und sich ein bisschen lustig machen, könnten Sie ihm allenfalls den Spaß an der Angabe verleiden. Aber ist es wirklich so schlimm? Sie schreiben ja, dass es sich um einen älteren Herrn handelt.

Vielleicht hat er das Ende des aktiven Berufslebens nicht wirklich verschmerzt und vermisst die Insignien der Macht, die damit einhergingen. Eine solche oder ähnliche Einsicht macht es nicht einfacher, die angeberischen Erzählungen zu ertragen. Aber dafür können Sie das scheinbar interessierte Zuhören als gute Tat verbuchen.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

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