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Berlin: Soziale Kompetenz: "Im Sportverein lernen Jugendliche, dass man auch mal verlieren kann"

Junge Frauen mit Traummaßen kämpfen im Fitnessstudio gegen ihre nicht vorhandenen Problemzonen. Altherren meiern im Verein mehr, als dass sie die Jugend spielend von der Straße holen.

Junge Frauen mit Traummaßen kämpfen im Fitnessstudio gegen ihre nicht vorhandenen Problemzonen. Altherren meiern im Verein mehr, als dass sie die Jugend spielend von der Straße holen. Solche Vorurteile über Sportstudios und Turnvereine wurden beim Treffpunkt Tagesspiegel am Montagabend im Hotel Inter-Continental schnell ausgeräumt. Aber die von Wirtschaftssenator a.D. George Turner moderierte Runde blieb trotz versöhnlicher Formeln kontrovers: Die Konkurrenz zwischen kommerziellen und gemeinnützigen Sportangeboten wird schärfer, seitdem Vereine zumindest halbkommerzielle Studios betreiben und Studios das Gruppengefühl im Aerobic-Kurs fördern.

Beim Diskussionsthema "Studio oder Verein - Wo ist Sport am schönsten" zeigte sich zuvorderst Schul- und Sport-Senator Klaus Böger (SPD) lernfähig. Rolf Krempel, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Fitness- und Freizeitunternehmen, hatte darauf beharrt, dass auch Bodystudios von der Politik als förderungswürdig anerkannt werden sollten. Böger reagierte ansatzweise empört. Als kommerzielle Unternehmen könnten die Studios wohl auch "ohne ausdrückliches Wohlwollen eines Politikers" existieren. Ein paar Publikums- und Podiumsrunden weiter nahm Böger erstaunt zur Kenntnis: Es gibt in guten Fitnessstudios auch Koronarsport für Ältere und Rückenschulung für Schreibtischopfer. Aber bevor Sportclubs mit den in den letzten Jahren boomenden Studios der Vereine steuerlich gleichgestellt werden und ebenso wenig Gema-Gebühren für die in den Kursen gespielte Musik zahlen, müssen wohl noch höhere Hürden überwunden werden.

Führend sind die Turn- und Sportvereine nach wie vor in der Jugendarbeit. Die Zielgruppe der Studios sind Selbstverdiener ab etwa 20 Jahren aufwärts. Im Verein lernen Kinder und Jugendliche "soziale Verantwortung einer Gruppe gegenüber", betonte der Ressortleiter Sport des Tagesspiegels, Sven Goldmann. Bei Mannnschaftsportarten müssen sie Trainingstermine wahrnehmen, zu wichtigen Spielen erscheinen. Im Studio dagegen herrsche Unverbindlichkeit - man komme, wann immer man wolle.

Auch Klaus Böger betonte die soziale Komponente des Vereinssports: "Man lernt, dass man auch mal verlieren kann." Problematisch sei in Berlin allerdings der Mangel an ehrenamtlichen Jugendtrainern. Viele Vereine hätten deswegen schon einen Aufnahmestopp. Heute erwarteten Ehrenamtliche Spaß, aber auch berufliche Qualifikation von ihrem Engagement, sagte Gertrud Pfister vom Institut für Sportwissenschaften der Freien Universität. "Mit moralischen Appellen kann man keinen Freiwilligen mehr hinter dem Ofen hervorlocken."

Gabriele Wrede, Vizepräsidentin des Landessportbundes Berlin, konnte für 2001 eine Anwerbungskampagne ankündigen. Im "Jahr des Ehrenamtes" müsse auch mehr für die äußeren Bedingungen getan werden. So würden leider vor allem in den Ostbezirken immer mehr Schulen geschlossen und damit auch Hallen, in denen Vereine trainieren können. Ein Vereinsvertreter aus dem rund 100-köpfigen Publikum zeigte einen Weg, wie die Aufwandsentschädigungen für die Trainer erwirtschaftet werden können. Die Erträge, die das vereinseigene Fitnessstudio abwirft, werden dort direkt in die Jugendarbeit gesteckt.

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