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Berlin: Sozialisten verlieren ihre Hochburgen

Für die PDS kann es eng werden: Mit drei Berliner Direktmandaten den Einzug in den Bundestag zu sichern, wird schwer

Von Sabine Beikler

Das wäre eine schöne Zitterpartie für die PDS gewesen: Hätten an diesem Sonntag Bundestagswahlen stattgefunden, wären die Sozialisten laut Politbarometer mit nur knapp fünf Prozent in den Bundestag eingezogen. Damit hat die PDS ein grundlegendes Problem: Sie kann sich nicht mehr auf die „Sicherheitsleine“ Direktmandat verlassen. Würde sie die Fünfprozenthürde nämlich nicht überspringen, käme sie mit drei Direktmandaten noch in den Bundestag. Aber nur zwei sind ihr nach dem Neuzuschnitt der Wahlkreise in Berlin sicher. „Noch sind wir nicht nervös“, sagt PDS-Landeschef Stefan Liebich und verweist mit stoischer Gelassenheit auf das Wahlziel, „Fünf plus X“ Direktmandate in Berlin zu holen.

Schon bei der Bundestagswahl 1998 kam die PDS bundesweit nur auf knappe 5,1 Prozent, doch immerhin holten die Sozialisten in Berlin mit Manfred Müller, Christa Luft, Petra Pau und Gregor Gysi vier Direktmandate. Die frühen Wahlkreise und PDS-Hochburgen Friedrichshain/Lichtenberg und Mitte/Prenzlauer Berg, in denen vor vier Jahren Luft und Pau siegten, gibt es nun nicht mehr. Der „Prenzlberg“ wurde mit Weißensee und Pankow verbunden. Und genau dort steckt das erste Problem der PDS: Direktkandidatin Sandra Brunner könnte – das Wahlergebnis von 1998 umgerechnet – diesen Wahlkreis mit 32,7 Prozent der Erststimmen gegen den SPD-Kandidaten Wolfgang Thierse mit 36,1 Prozent nicht gewinnen. „Pankow ist schwierig, aber nicht unmöglich“, sagt PDS-Fraktionschef Harald Wolf. Chancen habe die PDS dort durch ihr „junges Image“: Die 27-jährige Jurastudentin Brunner tritt gegen das ältere Bart-Trio Wolfgang Thierse (SPD), Günter Nooke (CDU) und Werner Schulz (Grüne) an.

Das zweite Problem der PDS ist der neue Wahlkreis Mitte/Tiergarten/Wedding. Mit Sicherheit werden die Sozialisten in dem westlich dominierten Bezirk weit hinter SPD und CDU liegen. PDS-Kandidat Stefan Liebich käme dort nur auf 14,2 Prozent. Mit einem „Achtungserfolg“ in Mitte wären die Sozialisten schon zufrieden. Und Landeschef Liebich würde auch lieber der Berliner Landespolitik treu bleiben: Seine bundespolitischen Ambitionen sind bekanntlich nicht groß.

Im Wahlkreis Treptow-Köpenick zog schon 1998 SPD-Kandidat Siegfried Scheffler mit 37,6 Prozent am früheren PDS-Parteichef Lothar Bisky vorbei. Bisky lag nur drei Prozent hinter Scheffler. Deshalb gilt Treptow-Köpenick mit PDS-Kandidaten Ernst Welters in der Partei als aussichtsreich. Die Sozialisten setzen mit dem früheren Köpenicker Jugendstadtrat den Schwerpunkt auf seinen kommunalpolitischen Bekanntheitsgrad. Außerdem soll Welters als Flughafenkritiker Stimmen ziehen. Nur: Der in Berlin weitgehend unbekannte PDS-Kandidat wird in einem Stadtgebiet, das von Jahr zu Jahr immer bürgerlicher wird, wohl nicht die SPD hinter sich lassen können.

Eine Sondersituation hat die PDS im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg: PDS-Kandidatin Bärbel Grygier und ihr Grünen-Kontrahent Christian Ströbele vertreten ähnliche friedenspolitische Positionen. Wie sich die Gysi-Nachrückerin im Bundestag gegen die Galionsfigur der linken Grünen durchsetzen kann, wird die heiße Wahlkampfphase ab dem 22./23. August zeigen. Geht man ausschließlich vom umgerechneten Stimmergebnis ’98 für diesen Wahlkreis aus, liegt der Erststimmenanteil der PDS bei 25,1 und somit hinter der SPD mit 36,5 Prozent.

Der PDS bleiben somit als sichere Bank mit Petra Pau der frühere Gysi-Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf, wo die Sozialisten mit mehr als 46 Prozent Erststimmen rechnen dürfen, und Lichtenberg-Hohenschönhausen. Kandidatin Gesine Lötzsch könnte dort rein statistisch mit 42,5 Prozent gewinnen.

Und sollten alle Stricke in Berlin reißen, vertraut die PDS auf ein drittes Mandat in Ostdeutschland: Am ehesten werden Bundestags-Fraktionschef Roland Claus in Halle Chancen eingeräumt. Im Rennen ist auch Rosina Neumann, die in Rostock kandidiert. Nur: Solche Überlegungen hört man in der PDS nicht gern. Am liebsten wäre es den Genossen, auf ihr bundesweites Wahlziel „sechs Prozent plus X“ zu kommen. Dann hätten sich viele Probleme von selbst erledigt.

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