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Berlin: Sozialsenatorin kann auf Zivis verzichten

3400 Wehrdienstverweigerer arbeiten in Berlin – auch auf Krankenwagen und in Notrufzentralen

Berlins Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) begrüßt die Pläne, den Zivildienst bis 2008 auslaufen zu lassen. „Die PDS ist grundsätzlich gegen Zwangsdienste.“ Außerdem würden die Zivis oft über Gebühr eingesetzt. „Sie übernehmen zum Beispiel im Altenpflegebereich oder im Krankenhaus normale Pflegeaufgaben.“ Wenn der vom Bund bezahlte Dienst wegfalle und man stattdessen Fachkräfte einstellen müsste, dann stiegen natürlich die Kosten in bestimmten Bereichen des Gesundheitswesens. Deshalb schlägt die Senatorin vor, einen Teil des Geldes, das der Bund bisher für den Zivildienst ausgibt, in den Gesundheits- und Pflegebereich umzulenken. Die zusätzlichen Belastungen ließen sich auch auffangen, wenn man das Freiwillige Soziale Jahre für Jugendliche ausbaue. „Auch das ehrenamtliche Engagement muss aufgewertet werden.“

Ähnlich sieht das auch der Paritätische Wohlfahrtsverband (DPW). In dessen Berliner Einrichtungen, zu denen Krankenhäuser, Seniorenheime und Sozialstationen gehören, arbeiten 900 der insgesamt etwa 3400 Berliner Zivildienstleistenden. „Wenn der Zivildienst abgeschafft wird, müssen andere Freiwilligen-Dienste ausgebaut werden“, fordert der Berliner DPW-Geschäftsführer Oswald Menninger. Trotzdem würden ohne die Zivis viele soziale Leistungen wegbrechen.

Auch die Berliner Malteser sind auf den Zivildienst angewiesen. Zwei Zivis arbeiten sogar auf Krankenwagen. „Wenn der Dienst tatsächlich im Herbst von zehn auf neun Monate verkürzt wird, dann lohnt sich das nicht mehr“, sagt Malteser-Pressesprecherin Beatrix Lohr. „Die Einarbeitszeit für sie ist mit neun Wochen sehr lang.“ Bei den privaten Krankentransportunternehmen stößt dieser Einsatzort von Zivis auf Kritik. „Mit solchen billigen Mitarbeitern können die Malteser auf dem hart umkämpften Markt Dumping-Preise anbieten“, klagt Uwe Fleischer, Vizechef des Unternehmensverbandes.

Die meisten Zivis setzen die Malteser bei ihrem Hausnotruf ein. Rund 40 stehen im 24-Stunden-Schichtdienst bereit, um Notrufe von Pflegebedürftigen entgegen zu nehmen, die zu Hause wohnen. „Wenn wir diesen Notfalldienst mit normalen Mitarbeitern betreiben müssten, wäre er unerschwinglich“, sagt Sprecherin Lohr.

In den Krankenhäusern des landeseigenen Klinikkonzern Vivantes arbeiten noch rund 260 Zivis. Sie entlasten die Schwestern, weil sie bei der Essensausgabe helfen oder geschwächte Patienten zum Röntgen begleiten. Die Abschaffung des Zivildienstes träfe Vivantes nicht, sagt eine Sprecherin. „Wir denken sowieso darüber nach, diese Dienste ab 2008 an Hostessen zu vergeben.“

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