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Berlin: Später fertig und teurer - Richtfest für das Jakob-Kaiser-Haus des Bundestags

Dietmar Kansy lieferte auf der Richtfestfeier des Jakob-Kaiser-Hauses den Versprecher des Tages: Er hoffe, dass der Bundestag den "Rohbau" im Februar 2001 endlich übernehmen könnne. "Um Gotteswillen", verbesserte sich der Vorsitzende der Bundestagsbaukommission, "Rohbauten haben wir schon genug übernommen".

Dietmar Kansy lieferte auf der Richtfestfeier des Jakob-Kaiser-Hauses den Versprecher des Tages: Er hoffe, dass der Bundestag den "Rohbau" im Februar 2001 endlich übernehmen könnne. "Um Gotteswillen", verbesserte sich der Vorsitzende der Bundestagsbaukommission, "Rohbauten haben wir schon genug übernommen". Nein, endlich fertig sein soll er natürlich, der größte und mit rund 960 Millionen Mark teuerste Neubau-Brocken des Bundestags in Berlin, nun als Rohbau vollendet nach mehr als einjähriger Verzögerung. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Baukummer gewohnt, ist fest entschlossen, das Haus spätestens im Sommer 2001 in Betrieb zu nehmen.

Das Feiern in Rohbauten, das Warten zwischen Beton und Büfett, fast ist es schon zur Gewohnheit geworden. Gerade erst wurden auf Tiergartener Seite über dem Bundeskanzleramt und dem Paul-Löbe-Haus des Bundestags die Richtkronen hochgezogen, nun, nach nicht einmal vier Wochen, hier in Mitte. Diesmal aber waren die Bauarbeiter, 450 von rund 50 Firmen, beim Feiern in der Überzahl, was von der Bundesbaugesellschaft Berlin stolz vermerkt wurde.

"Und wieder ist Richtfest", stöhnte Thierse, aber es klang erleichtert und routiniert, und er sprach von einem schönen Ereignis, denke man nur an die Turbulenzen im Baugewerbe ringsum. Fast alle Ehrengäste - Eberhard Diepgen war mit der Senatssitzung entschuldigt - hatten beim Eintritt zum Festakt auf die Reihe der Bauschilder geschaut, die das Podium mit dem Mikrophon schmückten. So, als suchten sie etwas. Das Firmenzeichen von Philipp Holzmann war nicht dabei, was der Stimmung gut tat.

Thierse spürte im Rohbau schon etwas vom "Geist der Offenheit und Transparenz", und er erinnerte an den früheren CDU-Politiker und gesamtdeutschen Minister Jakob-Kaiser, "der einverstanden gewesen wäre" mit dem, was nun seinen Namen trägt. Und Thierse erinnerte auch daran, dass der Ort, der bald von hin und her eilenden Abgeordneten wimmeln wird und über einen direkten Zugang zum Reichstagsgebäude verfügt, vor noch gar nicht langer Zeit Grenze und Mauer war. Und Opfer gefordert hat.

Nun sind nur sechsstöckige Betonblöcke zu sehen, meist eingehüllt in Planen, das künftige Abgeordnetenquartier im Wintermantel. Rund 60 Prozent aller Parlamentarierbüros sollen hier untergebracht werden, Fraktionsstäbe mit Sitzungsälen, die Arbeitsräume der Vizepräsidenten, "Verfügungsräume" für Bundesrat und Bundesregierung, die Büros der Parlamentsdienste, das Pressezentrum des Bundestags, Studios für das bundestagseigene Fernsehen, Sitzungssäle für Untersuchungsausschüsse: Eine kleine Stadt mit rund 2000 Räumen ist herangewachsen, in Gebäudenblöcken und an Höfen zwischen der Wilhelm- und der Ebertstraße bis zur Spree. Von der Dorotheenstraße voneinander getrennt, aber unterirdisch miteinander verbunden. Zwei Brücken werden im fünften Stock die Dorotheenstraße queren. Einbezogen in den Komplex sind die Altbauten des ehemaligen Reichstagspräsidentenpalais gegenüber dem Reichstag, inzwischen schon Sitz der Parlamentarischen Gesellschaft, das Haus Dorotheenstraße 5 und die ehemalige Kammer der Technik. Um den Neubauten eigenständige Gesichter zu geben, wurden fünf Architektenbüros beauftragt: Schweger & Partner (Hamburg), Busmann & Haberer (Köln), von Gerkan, Marg & Partner (Hamburg), das Büro Cie (Amsterdam) und van den Valentyn (Köln).

"Wir wollten ein Parlament der kurzen Wege", sagte Kansy, der sich schaudernd an die 60 verteilten Bundestags-Liegenschaften in Bonn erinnerte. Der neue Standort in Berlin war und ist mit der Vorstellung von "moderner Parlamentsarbeit in wenigen Minuten" verbunden.

Nach dem ersten Spatenstich für eines der größten Verwaltungsgebäude Deutschlands im Februar 1997 dauerte es nicht lange, bis Rückschläge kamen. Planungsfehler, ein schwieriger Boden, Risse im Reichstagspräsidentenpalais. Kostensteigerungen von 60 Millionen Mark, Terminverzögerungen - eine Leidensgeschichte.

Kein Wunder, dass sich Dietmar Kansy ein fertiges Jakob-Kaiser-Haus noch so schwer vorstellen kann.

Christian van Lessen

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