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Papierstau.

© Kai-Uwe Heinrich hf

Spam von der CDU: Parteiwerbung nervt Rechtsanwalt

Der Justizsenator warnt vor Datenklau im Netz. Seine Partei bedient sich genau dort, um zu werben. Ein "Keine Reklame"-Aufkleber schützt nicht vor Parteiwerbung.

Von Fatina Keilani

„Smarte Bürger“ wünscht sich Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) – er ist auch Verbraucherschutzsenator, und was Unternehmen und Hacker so alles mit Kundendaten anstellen, weiß er auch sehr gut. Gerade erst hat der Senator unter der Adresse smarte-buerger.de ein Quiz ins Internet gestellt. Es hat sieben Fragen. Wer sich durchklickt, erfährt am Ende, welcher Typ Internetnutzer er ist und wo für ihn Gefahren lauern.

Heilmanns Partei ist allerdings nicht immer so ehrpusselig, was die Verwendung von Daten angeht. Um für eine Veranstaltung aus der Reihe „Die CDU-Senatoren im Gespräch“ – Teilnehmer: Heilmann und Sport-Staatssekretär Andreas Statzkowski, zugleich Vorsitzender des einladenden Kreisverbands Charlottenburg-Wilmersdorf – Anfang November zu werben, suchte der Kreisverband nach möglichen Teilnehmern der Veranstaltung.

Dafür durchforstete er das Anwaltsverzeichnis und schaute gezielt nach Anwälten in bestimmten Postleitzahlbereichen, in der Annahme, diese interessierten sich vielleicht für das, was der Justizsenator zu sagen hat. Die Ausgewählten bekamen dann eine Mail mit dem Veranstaltungshinweis.

Beschwerde gegen Spam

Nicht alle waren begeistert. Einer wehrte sich: Der Charlottenburger Anwalt Michael De Saavedra-Mai schickte eine Unterlassungserklärung an die CDU, die zu unterschreiben diese jedoch ablehnte, und so ging die Sache per Eilantrag ans Amtsgericht Charlottenburg. De Saavedra-Mai sah sich in seinem Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt. Seine Kollegin Judith Ziemer vertrat ihn im Verfahren. „Als Rechtsanwalt hat man die Pflicht, täglich seine Mail und auch den Inhalt des Spam-Ordners auf relevante Eingänge zu untersuchen“, sagte Ziemer. „Unerwünschte Werbe-Mails stellen eine Belästigung im Arbeitsablauf dar.“

Die CDU nahm sich Claudio Jupe als Anwalt; er sitzt für sie auch im Abgeordnetenhaus. Dem Tagesspiegel sagte er: „Wir sind der Meinung, dass es sich hier um eine reine Sachinformation handelte, nicht um Werbung. Und außerdem gilt für Parteienwerbung der Artikel 21 des Grundgesetzes.“ Darin steht, dass die Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. Ziemer findet es widersinnig, zu behaupten, es handele sich nicht um Werbung, sich zugleich aber auf das Parteienprivileg zu berufen. Das Amtsgericht gab ihr recht und verbot der CDU, weitere Werbemails an De Saavedra-Mai zu schicken.

„Bitte keine Reklame“ schützt nicht vor Parteiwerbung

Unerwünschte Werbemails, sogenannter Spam, sind als unzumutbare Belästigung unzulässig. Das regelt das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Parteiwerbung wird von der Rechtsprechung anders behandelt als kommerzielle Werbung. Wer, entnervt vom ewig überquellenden Briefkasten, ein Schild mit der Aufschrift „Bitte keine Reklame“ anbringt, muss damit rechnen, trotzdem von seinem Abgeordneten und von Parteien beglückt zu werden. Auch Gratiszeitungen dürfen weiter eingesteckt werden – hier zählt, dass sie einen redaktionellen Inhalt haben.

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