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Die Spandauer Nikolai-Kirche und der Weihnachtsmarkt warten auf Besucher.

© ari

Spandau am Sonntag: Adventszeit ist Wartezeit

Beim Gottesdienst zum zweiten Advent in der Spandauer Nikolaikirche geht es vor allem um Geduld.

Dass die Adventszeit die Zeit des Wartens ist, was später Thema in der Predigt werden wird, zeigt sich an diesem zweiten Adventssonntag schon lange vor Gottesdienstbeginn: Da öffnen auf dem Spandauer Weihnachtsmarkt nacheinander die ersten Buden und warten auf ihr Geschäft, hinter einer großen, heißen Herdplatte wartet der erste Glühwein- und Kakaoverkäufer auf Abnehmer, und am Crêpesstand wartet eine Frau auf den Marktleiter, weil der Abfluss kaputt ist.

Drinnen in der St. Nikolaikirche wartet Pfarrer Jörg Kluge noch auf weitere Besucher, und die Besucher, die schon da sind, warten, dass es zehn Uhr wird. Dann ertönt die Orgel, die ohne Brausen auskommt und ganz melodisch klingt.

Pfarrer Kluge muss von den Stuhlreihen bis zum Altar viele Schritte gehen, so groß ist die Kirche, die mit viel Backstein und Holz aber dennoch heimelig wirkt. In seiner Predigt spricht er nicht über Nikolaus und hat auch keine politische Botschaften, es geht um den zweiten Advent: um die Halbzeit im Warten auf Gott.

Kluge macht aus dem Brief des Jakobus, in dem der die „lieben Schwestern und Brüder“ auffordert, geduldig zu warten, bis der Herr kommt, und die Bauern, die auf Regen warten, zum Vorbild erklärt, eine Drei-Episoden-Erzählung über das Warten im Heute.

Der Pfarrer erzählt mit Verve, kommt inhaltlich aber nicht weit

Der junge Mann, der am Bahngleis auf die Liebste wartet, die alte Dame, die ihre Familie zum 85. Geburtstag erwartet, und die Winzerin, die sich auf die Lese freut. Mit viel Verve und Betonung schmückt er die Geschichten aus, was wegen seiner sonoren Erzählfreude unterhaltsam ist, auch wenn es inhaltlich nicht recht vom Fleck kommt.

Das Fazit: Der Mensch kann in einem gewissen Maße vorsorgen, er kann pünktlich am richtigen Gleis stehen, Kuchen für die Kaffeetafel bestellen oder den Weinberg gut pflegen, aber ob sich am Ende des Wartens seine Hoffnungen erfüllen, das hat er nicht in der Hand. Das kann er nur abwarten.

Später dann: Schlangen an den Glühweinständen

In der Fürbitte danach geht es auch um diejenigen, die warten, um erlöst zu werden von Leid, Trauer, Einsamkeit, und um jene, deren „Leben aus den Fugen geraten ist“. Wer wollte, konnte darin einen Hinweis darauf finden, dass beim Thema „Warten“ und „Berlin“ sonst schnell das Stichwort Lageso fällt, wo tausende Flüchtlinge seit Monaten anstehen. Aber Kluge sagte später, aktuelle Politik sei ausdrücklich nicht sein Thema gewesen.

Nach dem Gottesdienst war dann draußen auf dem Weihnachtsmarkt ein neues Warten zu besichtigen: in Schlangen vor Glühweinständen.

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