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Spandau: Getöteter Dennis: Kinderhilfe stellt Strafanzeige

Die Organisation erhebt schwere Vorwüfe gegen das Jugend- und Sozialamt, man hätte zu spät auf Hinweise der Geburtsklinik reagiert. Der Sozialstadtrat verteidigt sich, dass es keine Anzeichen für eine Gefährdung des Jungen gegeben hätte.

Die Deutsche Kinderhilfe hat Strafanzeige gegen Mitarbeiter des Bezirksamtes Spandau wegen fahrlässiger Tötung gestellt. Anlass ist der offenbar gewaltsame Tod des sieben Wochen alten Dennis. Die Kinderschutzorganisation wirft dem Jugendamt und der Sozialbehörde vor, zu spät reagiert zu haben, obwohl Hinweise auf eine Gefährdung des Kindes vorgelegen hätten. Der Säugling war vergangene Woche gestorben, Ärzte gehen davon aus, dass er misshandelt wurde. Die Eltern sitzen in U-Haft.

Eine staatsanwaltliche Untersuchung soll zeigen, ob im Fall Dennis die richtigen Schritte unternommen worden sind, sagte Georg Ehrmann, der Vorsitzende der Deutschen Kinderhilfe. Der Spandauer Sozialstadtrat Martin Matz (SPD) hatte bereits vergangene Woche gesagt, dass das Vorgehen seiner Behörde „so richtig war“.

Die Kinderhilfe beschuldigt nicht nur die unmittelbar mit dem Fall befassten Behördenmitarbeiter, sondern auch die „politisch Verantwortlichen auf Bezirks- und Senatsebene“. Georg Ehrmann wirft den Politikern vor, dass außer der Kinderschutzhotline „wesentliche Teile des Papiers Netzwerk Kinderschutz“ nicht umgesetzt seien. „Sehenden Auges und in Kenntnis der gestiegenen Zahl von Fällen brutaler Gewalt gegen Kinder haben die politisch Verantwortlichen nichts getan.“ Außerdem richtet sich die Anzeige gegen Nachbarn. Eine Frau hatte ausgesagt, dass sich die Eltern des Säuglings „oft gestritten“ haben. Kaum eine Nacht sei vergangen, „ohne dass es bei denen laut“ gewesen sei, man habe „immer mit dem Gedanken gespielt, das Jugendamt einzuschalten“. Dass sie es nicht getan haben, ist für Anwalt Georg Ehrmann ein Fall von unterlassener Hilfeleistung.

Konkret wirft die Kinderhilfe dem Jugendamt vor, einem Hinweis des Waldkrankenhauses nicht angemessen nachgegangen zu sein. In der Klinik hatte die 22-jährige Mutter Dennis Mitte Dezember zur Welt gebracht. Klinikmitarbeiter hatten den Gesundheitsdienst des Bezirks benachrichtigt, weil im Mutterpass vermerkt war, dass die 22-Jährige bereits ein Kind geboren hat, das bei einer Pflegefamilie aufwächst. Nach einem solchen Hinweis hätte das Jugendamt sofort in die Klinik kommen und die Eltern dort sprechen müssen, sagte Georg Ehrmann. Sozialstadtrat Matz weist die Vorwürfe zurück. Dieser Hinweis auf das erste Kind alleine sei noch kein Indikator dafür, dass das Wohl des zweiten Kindes gefährdet sei. „Es gab zu keinem Zeitpunkt einen Verdacht, dass das Kind gefährdet ist.“ Deshalb habe man das Jugendamt nicht eingeschaltet. Man habe den Hinweis aber ernst genommen und deshalb einen Hausbesuch des Gesundheitsdienstes vereinbart. Als die Mitarbeiterin am 17. Januar mit den Eltern in der Wohnung sprach, hatte sie den Eindruck, dass das Kind in einem „gut gepflegten Zustand“ ist, so Matz. Die Wohnung sei in Ordnung gewesen. Die Strafanzeige sei eingegangen und werde geprüft, sagte Michael Grunwald, der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Claudia Keller

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