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Der unumstrittene Brandenburger Landeschef Matthias Platzeck.

© dpa

SPD-Landesparteitag: Die brandenburgische CSU

Die Brandenburger unterstützen ihren Landeschef nach wie vor, trotz BER-Desaster. Und die SPD hat ungebrochen gute Umfragewerte - wegen Platzeck. Darin zeigt sich: Zwischen der Berliner und der Brandenburger Sozialdemokratie liegen Welten.

Nach sieben Stunden war alles vorüber. Da konnte Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck auf dem SPD-Landesparteitag in Luckenwalde schon das Schlusswort halten. Der alte, neue Parteivorsitzende schwor seine Genossen darauf ein, alle vier Wahlen in den nächsten zwei Jahren zu gewinnen.

„An mir soll es nicht liegen!“, rief Platzeck, verkündete noch Fußballergebnisse, ehe alle nach Hause fuhren. Es war wieder so ein Parteitag, der wie ein Uhrwerk ablief, für Berliner Verhältnisse unvorstellbar, aber nicht untypisch für Brandenburgs SPD, die selbst in der BER- Krise noch in der Wählergunst zulegt, fast 40 Prozent erreicht. Platzeck und Genossen sehen einen Zusammenhang. Die 130 Delegierten hatten nicht nur Platzeck mit 94 Prozent als Landeschef bestätigt. Sie wählten den Parteivorstand neu, fassten Beschlüsse zu heißen Eisen, nämlich für die Hochschulfusion in der Lausitz und gegen ein von Gliederungen aus der BER-Umgebung gefordertes Nachtflugverbot in Schönefeld. Beide Male folgte man Platzeck – nach kurzer wie heftiger Pro-und-Contra-Debatte.

Der Parteitag beschloss ohne Gegenstimme das neue Leitbild „Brandenburg 2030“, nachdem man vorher über 140 Änderungsanträge abstimmte. Einer davon, vielleicht die einzige Überraschung, wonach sich die SPD anders als Platzeck nun doch wieder eine Fusion mit Berlin als „Ziel“ stellt, allerdings nur „langfristig“. Auswirkungen? Keine.

Aber warum hat Platzeck – im Gegensatz etwa zu Klaus Wowereit – seine Partei so im Griff? Manches erinnert an die CSU in Bayern. Brandenburgs SPD ist mit rund 6500 Mitgliedern, fast alles Amts- und Mandatsträger, ein kleiner Verband. Er hat nach 22 Jahren eine eigene Kultur, ein von der Opposition als Arroganz gegeißeltes Selbstbewusstsein. Geprägt ist diese SPD durch die Erfahrung ununterbrochener Macht, die sie allein populären Führungspersönlichkeiten wie Manfred Stolpe oder Platzeck verdankt. „Die SPD war hier immer in Regierungsverantwortung. Sie war nie in Opposition. Sie hatte nie Zeit, sich groß mit sich selbst zu beschäftigen“, sagt Thomas Kralinski, Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Das sei ein Grund, weshalb es anders als in Berlin keine Parteiflügel gibt, die SPD die Mitte nicht verlasse.

Die mitregierenden Linken wissen das genau. Es sei schwer mit dieser innerhalb der Bundespartei „konservativen SPD“ linke Positionen durchzusetzen, klagte einmal der heutige Linke-Fraktionschef Christian Görke. „Der Brandenburger ist ultrapragmatisch. Das spiegelt sich auch in der SPD wider“, sagt Kralinski. „Man löst Probleme, ohne ideologische Scheuklappen.“ Vor allem habe die SPD „verinnerlicht, dass man aufeinander angewiesen ist und im Streit keine Wahlen gewinnt.“

Mit Altruismus hat das „System Platzeck“ nichts zu tun. Anders als Vorgänger Manfred Stolpe ließ es Platzeck nie zu, Regierungsamt und Parteivorsitz zu trennen, wie es etwa in Berlins SPD üblich ist. Wer ihm womöglich als Konkurrent hätte gefährlich werden können, blieb auf der Strecke, wie etwa Ex-Landeschef Steffen Reiche. Um in dieser Landes-SPD etwas zu werden, so haben es die Jüngeren gelernt, muss man loyal sein. Außenseiter, Kritiker haben keine Chance.

Unruhigere Zeiten verlangen Anpassung, Flexibilität. So hat Platzeck nach dem Sturz seines Vertrauten Rainer Speer darauf geachtet, der Partei größere Entfaltungsräume zu geben. Es trägt auch dazu bei, Konflikte früh zu entschärfen. So war auch jetzt nach langen Debatten im Vorfeld, ob um Nachtflugverbot, Hochschulen oder Leitbild „2030“ die Luft weitgehend raus. Trotzdem ging Platzeck, für Brandenburgs SPD immer noch unersetzbar, jedes Mal selbst in die Bütt. Und vermied jedes Risiko.

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