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Berlin: SPD-Linke lobt Wowereits Visionen

Aber Bundestagskandidaten der Partei ärgern sich über Gedankenspiele zu Rot-Rot-Grün. Rätseln über Motive des Regierenden

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Die Berliner Genossen rätseln, warum der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ausgerechnet zum Wahlkampfauftakt über ein Bündnis mit der Linkspartei ab 2009 philosophiert. Das Gerücht wurde gestreut, er wolle stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender werden. Die Parteibasis war leicht irritiert, einige Bundestagskandidaten waren verärgert, aber die starke SPD-Linke in Berlin applaudierte. Wowereit wollte auf Nachfrage seine Äußerungen nicht erläutern.

„Als einer der wenigen SPD-Ministerpräsidenten wird Wowereit künftig wohl mehr bundespolitische Verantwortung tragen müssen“, sagte der Sprecher des linken Flügels, Mark Rackles. „Trotzdem hat es uns überrascht, dass er das jetzt schon tut.“ Er lobte, dass Wowereit „ehrlicher ist als viele andere Parteifreunde im Bund“. Auch dem Sprecher der Linken in der SPD-Abgeordnetenhausfraktion, Frank Zimmermann, sind Wowereits Visionen sympathisch. „Natürlich müssen wir sehen, wie sich die Linkspartei entwickelt.“ Aber es sei richtig, „langfristige Möglichkeiten für reformerische Mehrheiten im Bund auszuloten“.

Dagegen halten die Chefs der größten SPD-Kreisverbände, Michael Arndt (Steglitz-Zehlendorf) und Christian Gaebler (Charlottenburg-Wilmersdorf), die Debatte für akademisch. „Ich kämpfe jetzt für Schröder und nicht um irgendetwas 2009“, sagte Arndt. Und Gaebler fragte: „Wer weiß schon, was 2009 sein wird?“ Vielleicht habe Wowereit nur signalisieren wollen, dass sich die SPD nicht langfristig an eine Koalition mit der CDU fesseln dürfe. Mehrere Bundestagskandidaten kündigten zunächst an, sie wollten im SPD-Landesvorstand am Montagabend ihrem Ärger über Wowereit Luft machen. Dessen Äußerungen seien „nicht hilfreich“, so der Bundestagsabgeordnete Siegfried Scheffler. „Ich verstehe nicht, warum er die Diskussion losgetreten hat“, sagte Scheffler, der in Treptow-Köpenick gegen den Star der Linkspartei, Gregor Gysi, antritt. „Wowereits Äußerungen schaden dem SPD-Wahlkampf“, kritisierte auch Jörg-Otto Spiller, Kandidat in Mitte. Detlef Dzembritzki, Abgeordneter aus Reinickendorf, fand die Debatte „nicht zielführend“.

Im SPD-Landesvorstand kam es jedoch nur in der Sitzungspause zu einem kurzen, heftigen Meinungsaustausch. Niemand hob das Thema auf die Tagesordnung. Am Ende herrschte Einigkeit, dass die SPD zurzeit keine Koalitionsdebatten führen sollte. Wowereits Koalitionspartner verfolgt die Diskussion „gelassen“, sagte Stefan Liebich, Landeschef der PDS, die auch in Berlin bald Linkspartei heißt. „Die Debatte schadet der SPD und hilft uns“, so Liebich. Auch wenn rot-rote Gedankenspiele für die Bundesebene „komplett unrealistisch“ seien, wäre es für die PDS hilfreich, „Regierungsfähigkeit zugesprochen zu bekommen“.

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