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Berlin: SPD-Parteitag: Abitur nach zwölf Jahren und Philosophie als Pflichtfach

Die SPD hat die Weichen für ihre zukünftige Schulpolitik gestellt. Mit hauchdünner Mehrheit stimmte sie auf ihrem gestrigen Parteitag für das Abitur nach zwölf Jahren.

Die SPD hat die Weichen für ihre zukünftige Schulpolitik gestellt. Mit hauchdünner Mehrheit stimmte sie auf ihrem gestrigen Parteitag für das Abitur nach zwölf Jahren. Die zweite spektakuläre Entscheidung betrifft die Werteerziehung: Es soll ein Pflichtfach Ethik"/"Philosophie geben, aber keine Neuregelung zum freiwilligen Religionsunterricht. Um die Finanzierung der Schulausstattung zu sichern, strebt die SPD ein "Bündnis für Bildung" an.

Mit diesem Bündnis soll erreicht werden, dass die finanziellen Spielräume durch zurückgehende Schülerzahlen für Reformen genutzt werden können. Die überschüssigen Lehrerstellen könnten dann etwa in feste Betreuungszeiten an Grundschulen, in den Fremdsprachen-Frühbeginn ab Klasse 3 und die Stärkung des naturwissenschaftlichen Unterrichts ab Klasse 5 fließen. Durchsetzen konnte sich die Neuköllner SPD mit ihrem Vorstoß, den Schulen in sozial benachteiligten Gebieten kleinere Klassen zuzubilligen.

Dem bildungspolitischen Leitantrag wurde in den wesentlichen Punkten zugestimmt. Dazu gehört insbesondere die Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre. Mit 138 gegen 134 Stimmen fiel die Entscheidung zugunsten der Linie von Böger, der zur Antragskommission gehörte. Letztlich ausschlaggebend mag der dramatische Appell von Fraktionschef Klaus Wowereit gewesen sein, der seiner Partei zurief, sie müsse "über ihren Schatten springen und nicht alles bewahren, was in Berlin Tradition hat".

Diese Art von Unterstützung blieb dem Schulsenator allerdings beim Thema "Werteerziehung" verwehrt. Die Genossen im Palais am Funkturm ließen ihn im Regen stehen. Nicht einmal der im Schulgesetzentwurf vorgesehene Modellversuch für die Wahlpflichtfächer Religion und Ethik"/"Philosophie fand Gnade. Die Genossen wollen das staatlich verantwortete Unterrichtsfach "Religion" auch nicht an "20 bis 25" Schulen zulassen, wie es ein Kompromissvorschlag des Landesvorstands beabsichtigte.

Stattdessen folgten sie einem Antrag der Deligierten aus Friedrichshain"/"Kreuzberg, indem sie sich klar für ein Pflichtfach Philosophie"/"Ethik entschieden. Außerdem will die SPD das Fach Sozialkunde stärken. Im übrigen bleibt es dabei, dass der freiwillige Unterricht der Kirchen, des Humanistischen Verbandes (Lebenskunde) - und möglicherweise auch bald der der Islamischen Föderation - vom Land bezahlt wird.

Überstimmt wurden Böger und die ehemalige Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing auch beim Thema Studienplätze: Die Genossen votierten für eine Aufstockung von 85 000 auf 100 000. Finanziert werden soll dies durch eine Mittelverschiebung von den Universitätsklinika zu den Fachhochschulen.

Trotz dieser Niederlagen in einigen Punkten sprach Böger nach der zehnstündigen Abstimmungskür von einem "sehr erfolgreichen Parteitag für Bildung". Seine Grundschulreform sei bestätigt worden, die Lehrerstellen gesichert. Auch das Votum seiner Parteifreunde gegen das Zentralabitur schreckte ihn nicht. Er interessiere sich ohnehin eher für eine Mischform von dezentralen, also individuellen, und zentral vorgegebenen Prüfungsbestandteilen.

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