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Berlin: SPD-Parteitag winkt Rot-Rot durch

Nur ein Genosse lehnte den Koalitionsvertrag ab Wowereit mahnt die Wirtschaft zur Solidarität

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es war der kürzeste SPD-Landesparteitag seit Menschengedenken. Um 10.30 Uhr wünschte Parteichef Michael Müller den Genossen einen guten Morgen. Um 13 Uhr winkten die Delegierten gestern im Congress Centrum (BCC) am Alexanderplatz den Koalitionsvertrag mit der Linkspartei/PDS durch. Es gab eine Gegenstimme und zwei Enthaltungen. Am heutigen Sonntag muss noch die PDS auf ihrem Parteitag der Koalitionsvereinbarung zustimmen.

Am nächsten Donnerstag soll der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit vom Abgeordnetenhaus im Amt bestätigt werden. Die knappe Mehrheit, die Rot-Rot habe, sei eine Herausforderung, sagte Wowereit in seiner Parteitagsrede. Das funktioniere nur in vertrauensvoller Zusammenarbeit. In Jeans und offenem Hemd trat der Regierungschef ans Podium und unterhielt die Parteifreunde mit einer gewohnt kämpferischen Rede. „Wir werden in den nächsten fünf Jahren auch bundesweit deutlich machen, dass eine Politik der sozialen Gerechtigkeit kein Auslaufmodell ist“, kündigte Wowereit an. Menschen in Armut zu schicken, dass könne sich eine reiche Industriegesellschaft nicht leisten.

Auch von den Unternehmensverbänden forderte der Regierende Bürgermeister mehr Solidarität. Die Wirtschaft solle nicht nur „kluge Ratschläge“ geben, sondern ihre soziale Verantwortung wahrnehmen. Für manche Manager sei das selbstverständlich, aber nicht für alle. Erneut legte sich Wowereit mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) an, die mehr Entbürokratisierung fordert. „Wer den eigenen Unternehmen Zwangsmitgliedschaft verordnet, sollte nicht über Verwaltungsreform reden.“ Der forsche Spruch ließ die Genossen jubeln.

In der knapp einstündigen Parteitagsdebatte, nach den Reden von Müller und Wowereit, gab es am neuen Regierungsprogramm nur vereinzelt Kritik. Die Verlagerung des Kulturressorts in die Senatskanzlei wurde als problematisch angesprochen. Auch der SPD-Landeschef Müller gestand zu, dass dies keine Ideallösung sei. Einige Delegierte murrten, weil Wowereit erst am Dienstag preisgeben will, wer künftig die Ressorts Bildung und Justiz führen wird. Die scheidenden Senatsmitglieder Klaus Böger und Karin Schubert wurden mit großem Beifall verabschiedet. Ausdrücklich bedankte sich Wowereit auch beim PDS-Politiker Thomas Flierl, der das Wissenschafts- und Kulturressort abgeben muss, für „die geleistete Arbeit“.

Dann erfand er noch ein Leitmotiv für die nächsten Jahre. „Berlin – eine Stadt im Wandel.“ Berlin brauche mehr wirtschaftliches Wachstum und noch mehr Internationalität. Die Leichtathletik-WM 2009, der 200. Geburtstag der Humboldt-Universität ein Jahr später und die Olympiabewerbung könnten dabei helfen. Die Fußball-WM habe gezeigt, wie wichtig solche „Identität stiftenden“ Ereignisse für Berlin seien.

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