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Berlin: „Speers Reform erhöht den Frust in der Polizei“ CDU-Innenpolitiker Sven Petke glaubt,

dass der Krankenstand der Beamten weiter steigt

Viele Brandenburger Polizisten sind nach einer neuen Studie überlastet und krank, so häufig wie kaum irgendwo in Deutschland. Gleichzeitig sollen jetzt 1900 der 8900 Stellen gestrichen, mehr als 30 von 50 Polizeiwachen im Land geschlossen werden. CDU-Innenexperte Sven Petke gilt als einer der härtesten Kritiker der von Innenminister Rainer Speer (SPD) geplanten Polizeireform.

Was für eine Polizei hat Innenminister Schönbohm hinterlassen?

Jörg Schönbohm hat eine erfolgreiche, leistungsfähige Polizei an seinen Nachfolger übergeben. Allerdings verschließe ich nicht die Augen davor, dass es auch Probleme gibt, etwa den überdurchschnittlich hohen Krankenstand.

Hat die CDU früher die Augen davor verschlossen?

Wir haben darüber schon seit Jahren diskutiert und ein Konzept eingefordert. Aber das Hauptaugenmerk lag darauf, die Polizei effektiver zu machen, endlich mit moderner Technik auszustatten, sie näher an die Bürger heranzubringen, was ja inzwischen überall sichtbar ist. Heute muss man sagen, die menschliche Komponente ist dabei stellenweise zu kurz gekommen.

Was meinen Sie damit?

Eine Säule der Schönbohmschen Polizeireform war die höhere Mitarbeiter-Zufriedenheit von der Führung bis zum Streifenpolizisten, was aber offenkundig nicht ausreichend erreicht worden ist. Ein Fehler wird aber nicht korrigiert, indem man ihn noch einmal macht, wie es jetzt Innenminister Speer tut.

Brandenburgs Polizei ist für ein weitgehend dünn besiedeltes Land gut ausgestattet. Kann man mit 7000 Polizisten keine Sicherheit gewährleisten?

Der Innenminister sollte den Menschen reinen Wein einschenken: Jeder fünfte Polizist wird eingespart. Wer annimmt, die Bürger im Land würden dies nicht merken, macht sich unglaubwürdig. Es werden weniger Polizisten unterwegs sein, Brandenburg ist das fünftgrößte Flächenland, stärker als andere von Kriminalität belastet, mit Berlin, mit der Grenze zu Polen. Vor allem die öffentliche Sicherheit wird abnehmen.

Aber beim Wach- und Wechseldienst, bei den Streifenwagen im Land soll es keine Einschnitte geben, aufgeblähte Stäbe sollen gestrafft werden. Was ist dagegen einzuwenden?

Die Behauptung, dass der Stellenabbau nur in der Spitze, nur in Leitungsfunktionen erfolgt, ist heiße Luft. Es werden weniger Beamte auf der Straße für den Bürger da sein. Ich warne davor, die Polizei in zwei Gruppen zu teilen, nach dem Motto, die einen arbeiten, die anderen sitzen in den Stäben rum. Ziel muss es sein, die Polizisten mitzunehmen, was nicht geschieht. Stattdessen erhöht der Minister den Frust noch, indem er versucht, einen Keil in die Polizei zu treiben.

Die Union unterstützt die Proteste gegen drohende Wachenschließungen. Braucht man wirklich überall eine ganze Wache, um ein, zwei Streifenwagen zu führen?

Dort wird viel mehr geleistet. Für die Bürger sind es gewachsene Ansprechpartner, wo sie Unterstützung und Rat erhalten. Dort arbeitet auch die Kriminalpolizei, in den Wachen konzentriert sich Präventionsarbeit, dort wird der Wach- und Wechseldienst vorbereitet.

Speer hält dagegen, dass nicht die Wache Streife fährt, dass die Wagen als „fahrende Büros“ näher am Bürger sein sollen?

Ja, und dann wird der geneigten Öffentlichkeit und dem Innenausschuss ein Streifenwagen vorgestellt, der eine bahnbrechende Neuerung hat – ein Navigationssystem. Es kann doch wohl nicht ernst gemeint sein, dass dies der technische Durchbruch für die Landespolizei ist. Das Modell, Beamte in der Fläche „kreisen“ zu lassen, wie es Herr Speer formulierte, wird nicht funktionieren.

Was bedeuten die Pläne für den erschreckend hohen Krankenstand?

Er wird weiter zunehmen. Pro Beamter sind es bereits heute 34 Tage im Jahr. Wenn man das umrechnet, fallen so schon jetzt pro Jahr 750 Stellen allein durch Krankheit aus. Mit dem Personalabbau werden weitere 1900 Stellen gestrichen, ohne dass die Arbeit, die Aufgaben reduziert werden. Das führt zwangsläufig zu einer deutlich höheren Belastung. Die Schwachstellen werden noch deutlicher zutage treten. Das gilt sowohl für die Zahl der Krankentage als auch die Motivation.

Was würde die CDU anders machen?

Die Union wird ein eigenes Konzept für eine Polizeireform im Land vorlegen, und zwar eine, die zu Brandenburg passt. Wir werden Sicherheit als eine Kernaufgabe des Staates im Lichte der Haushaltszwänge unter einen Hut bringen, vor allem werden wir die Belange der Kommunen stärker berücksichtigen. Die Menschen sollen schließlich auch künftig die Polizei vor Ort wahrnehmen und nicht nur aus dem Tatort kennen.

Die Fragen stellte Thorsten Metzner

Sven Petke (42)

sitzt als Innenexperte für die CDU im Potsdamer Landtag. Der Diplomverwaltungswirt ist stellvertretender Vorsitzender der CDU Brandenburg.

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