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Gemeinsam stark. Anna (hinterm Stern) und ihre Kinderärztin Mechthild Vocks-Hauck, die einen Verein gegründet hat, der Kindern mit HIV hilft.

© Doris Spiekermann-Klaas

Spendenserie: Stark trotz Immunschwäche

Anna hat HIV, seitdem sie auf der Welt ist. Ein Verein unterstützt 100 Kinder wie sie. Sie sollen möglichst normal leben und selbstbewusst werden, dafür werden Spenden gebraucht.

Irgendwann hat sie ihr Geheimnis der besten Freundin erzählt. Dafür sind beste Freundinnen bei Zehnjährigen schließlich da. Doch die Freundin behielt es nicht für sich. So wusste es bald die ganze Klasse. „Scheiß-Aids-Kind“, schrieben einige Jungs auf Plakate und hielten sie Anna unter die Nase. „Da habe ich mich von allen verlassen gefühlt“, sagt sie. Kein Wunder, dass sie das nicht noch einmal erleben möchte und deshalb ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Anna, heute 17, ist mit HIV auf die Welt gekommen und lebt seitdem mit der Krankheit Aids.

Seit kurzem geht sie auf eine neue Schule. Dort weiß keiner davon. In zwei Jahren will sie Abitur machen. „Nur wenige Kinder, die mit HIV geboren werden, schaffen überhaupt einen Schulabschluss“, sagt Mechthild Vocks-Hauck. Die Kinderärztin hat den Verein „Kuratorium für Immunschwäche bei Kindern“ (KIK) gegründet. Sie behandelt Anna schon lange. Und ihr Verein unterstützt rund 100 Familien, in denen Kinder mit HIV leben – 40 davon in Berlin.

Im Lauf der Jahre hat der Verein Anna so einiges ermöglicht: Mathenachhilfe gegen ihre Dyskalkulie, Kontaktlinsen, eine hübsche Brille, eine Barbiepuppe. Eine Reise an die Ostsee nach einer Operation und schicke warme Kleidung. „Wir sorgen dafür, dass die Kinder nicht aus dem normalen Leben herausfallen“, sagt Vocks-Hauck. „Mit solcher Unterstützung kann man manche Benachteiligung ausgleichen. Wir wollen für sie einen Platz in der Gesellschaft schaffen, ihnen ein gutes Lebensgefühl geben und vor allem ihr Selbstbewusstsein stärken. Das können wir nur durch Bildung erreichen.“ Dabei will der Tagesspiegel mit seiner Spendenaktion helfen. Der Verein will nämlich neue, schnelle Laptops und iPads anschaffen, um sie den Kindern für Nachhilfe und Schulprojekte ausleihen zu können. Anna könnte so eine Leihgabe gut gebrauchen: „Für mein Abi muss ich nämlich eine Powerpointpräsentation erstellen oder eine lange Hausarbeit schreiben“, sagt sie.

Den meisten der Kinder, die der Verein unterstützt, geht es nicht so gut wie Anna. Als Kind wurde zwar ihre Leber geschädigt, aber das konnte behandelt werden. Heute kann man die Viren in ihrem Blut nicht mehr nachweisen – solange sie ihre Medikamente nimmt. „Wir haben auch desolate Fälle, aber ich wollte an ihrem Beispiel zeigen, dass es auch positive Entwicklungen gibt“, sagt die Kinderärztin. „Die meisten haben viele gesundheitliche und soziale Probleme.“ Viele von ihnen haben ein Lernproblem. Oft sei das Gehirn durch die HI-Viren geschädigt. Und jedes HIV-positive Kind hat eine HIV-positive Mutter. Oft ist auch der Vater krank. Oder die Kinder leben in Pflegefamilien. „Die Eltern haben oft viel mit sich zu tun. Krankheit macht arbeitslos. Sie haben meist nicht mehr genug Kraft, um ihre Kinder zu unterstützen. Dafür sind wir da“, sagt die Ärztin.

Annas Mutter, eine überschlanke Frau, ist mit in die Praxis gekommen. „Ich bin ein Klischee: ein Ex-Junkie“, sagt sie. Obwohl sie wusste, dass sie HIV-positiv war, wollte sie Anfang der Neunziger unbedingt ein Kind. Damals gab es noch keine Behandlung, die eine Infektion bei der Geburt verhindern konnte, wie sie seit zehn Jahren angewendet wird. Dennoch wusste die Mutter, dass sich nur etwa 25 Prozent aller Babys bei der Geburt anstecken. Sie setzte auf die 75-Prozent-Chance. „Alle Mütter, deren Kinder wir betreuen, haben wahnsinnige Schuldgefühle“, sagt Vocks-Hauck. „Die, die Drogen genommen haben, aber auch die, die sich bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr angesteckt haben.“

Anna scheint es ihrer Mutter nicht übel zu nehmen. Sie kuschelt sich an sie. Aber wie sie eigentlich mit ihrer Krankheit umgehen soll, dass weiß sie noch nicht: Gerade hängen überall in der Stadt Plakate, die die Akzeptanz gegenüber Menschen mit HIV erhöhen sollen: „Wenn ich solche Plakate sehe, fühle ich mich immer unwohl.“ Sie traut vor allem ihren Altersgenossen nicht zu, zu einer solchen Toleranz fähig zu sein. Sie hat Angst, dass andere Jugendliche über Facebook böse Gerüchte verbreiten könnten, wenn sie von der Krankheit wüssten: „Zum Beispiel, dass ich absichtlich Menschen anstecke.“ Eines Tages möchte sie vielleicht in der Aidsprävention arbeiten – oder als Psychologin. Daniela Martens

Unser Konto: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00), Konto 250 030 942. Bitte notieren Sie Namen und Anschrift für den Spendenbeleg. Onlinebanking ist möglich.

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