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Spielplätze in Berlin: Trostloser Stadtrand, paradiesische Mitte

Klettergerüste, Buddelkisten und Schaukeln sind übers Stadtgebiet sehr ungleichmäßig verteilt

Auf einem Bauschild am Falkentaler Steig in Hermsdorf ist der einzige Hinweis zu finden: „Während der Bauzeit darf der Schulhof als Spielplatz genutzt werden.“ Doch wer schaukeln möchte, muss zuerst durch den Bauschutt und unter einem Gerüst hindurch. Dann stehen auf einer kleinen Fläche ein Basketballkorb, ein Tischtennisfeld und zwei Schaukeln. Einladend sehen die Geräte nicht gerade aus, aber immerhin gibt es hier einige. Gerade in Reinickendorf findet man sie viel zu selten, schneidet doch der Bezirk bei Anzahl und Größe der Spielplätze am schlechtesten ab: Nur 39 Prozent der gesetzlich geforderten Spielplatzflächen gibt es hier.

Die Geräte auf dem kleinen Gelände sehen zwar neu aus – das kann aber auch daran liegen, dass sie kaum benutzt werden. „In den letzten Wochen habe ich hier keine Kinder spielen sehen“, sagt Dennis Höhndorf, der dort als Landschaftsgärtner arbeitet. Für einen Schulneubau musste der öffentliche Spielplatz vor einigen Monaten weichen und wurde auf das unscheinbare Hintergrundstück verlegt. Momentan müssen Kinder deshalb die Baustelle überqueren. Selbst das bleibt offenbar vielen verwehrt: „Die Eltern trauen sich mit ihren Kindern nicht bis nach hier hinten“, sagt ein Erzieher, der in einer benachbarten Kindertagesstätte arbeitet.

Auch in der Umgebung sieht es schlecht aus. Nur in Frohnau, eine S-Bahnstation entfernt, gebe es noch einen weiteren öffentlichen Spielplatz, berichtet der Erzieher. Der aber sehe auch nicht einladender aus, „seit einiger Zeit liegt das Gelände dort brach.“ Auch Mildey Duvergel weiß nicht, wo sie mit ihrem jetzt fünf Monate alten Sohn hingehen soll, wenn er älter ist. Sie wohnt gleich neben der Schule und beklagt sich: „Hier gibt es viel zu wenige Angebote für Kinder.“

Ganz anders ist die Situation in Mitte. Hier sind 66 Prozent der geforderten Fläche als Spielplatz ausgezeichnet. Rund um den Rosenthaler Platz sind viele Eltern zufrieden mit dem Angebot. Gleich eine Handvoll weitere Spielplätze zählt Michael Buch auf und zeigt dabei in alle Himmelsrichtungen. „Es gibt hier geradezu einen Spielplatzreichtum“, lobt er. Einige Plätze hätten sogar Skateboard-Bahnen.

Im Park am Weinbergsweg stehen Kindern aller Altersstufen Geräte zur Verfügung: Ein Klettergerüst mit einer Rutsche steht neben einem eingezäunten Fußballplatz, auf dem einige Jungen kicken. Und das ist längst nicht das gesamte Angebot. Der Vater und seine sechs und acht Jahre alten Söhne fühlen sich hier richtig wohl. „Uns stören höchstens die Wespen“, sagt er und lacht.

Um die Mittagszeit sind auf dem Park am Weinbergsweg ebenso wie auf dem Spielplatz an der benachbarten Fehrbelliner Straße wenige Kinder anzutreffen. Nachmittags, wenn die Kitas geschlossen haben, ändert sich das. Dann strömen die Mütter und Väter gemeinsam hierher, berichtet Jutta Schneider, während sie auf ihre Enkelin aufpasst. „Die Spielplätze haben sich in dieser Gegend zu einem Szene-Treff entwickelt“, findet sie. Das sei auch verständlich: „Es gibt hier so originelle Angebote für die Kleinen.“ Kein Spielgerät ähnele dem anderen und für eine Großstadt sei alles sehr sauber, lobt Jutta Schneider.

Längst nicht allen Müttern gefallen diese Massenspielplätze. Ricarda Brands Tochter ist erst drei Monate alt. Der Mutter aber graut vor der Zeit, wenn sie sich bei den überfüllten Plätzen anstellen muss. Schon jetzt denke sie oft: „Oh Gott, in einem Jahr sitzt du da auch.“Lisa Rogge

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