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Spreeufer: Mediaspree-Gegner: Kreativ gegen Investoren

In fast jedem Schaufenster hängt ebenso ein Plakat der Initiative „Mediaspree versenken“. Die Gegner des Projekts haben mit Spaßaktionen und originellen Ideen eine neue Protestkultur begründet.

Die Parole ist allgegenwärtig. In fast jedem Schaufenster hängt ebenso ein Plakat der Initiative „Mediaspree versenken“ wie an vielen linken Projekten wie dem Jugendtreff „Tek“ in der Köpenicker Straße. Und an der Wand eines Hauses an der Skalitzer Straße, auf der sonst die Autonomen zu Aktionen aufrufen, hängt ein riesiger Schriftzug: „Media-Spree abwählen“. Carsten Joost ist der Sprecher der Initiative, die sich seit 2006 in Friedrichshain und Kreuzberg engagiert – und eine neue Protestkultur kreierte: Mit den vielfältigen Aktionen und dem Bürgerentscheid gilt die Kampagne als eine der erfolgreichsten Bewegungen der Stadt. Als vor kurzem Investoren der Media-Spree sich das Areal vom Wasser aus angucken wollten, startete die Initiative um Joost eine Wasserkundgebung mit Schlauch- und Gummibooten. Die Investoren legten an der Grenze zu Kreuzberg den Rückwärtsgang ein, sie kamen nicht durch.

„Für uns war das ein großer Erfolg“, erklärt der 42-jährige Architekt Joost, der sich schon in Studienzeiten für eine alternative Nutzung der Mainufer am Frankfurter Westhafen engagierte. „Da hat der Kiez gezeigt, dass er dieses Bauvorhaben nicht duldet.“ Mit solchen Aktionen wurde die Gruppe als neue basisdemokratische Protestkultur populär. In dieser Woche „untersuchten“ Vertreter der Media-Spree-Feinde die Werbetafel an der Spree. „Wir sind gegen diese Verschandelung und wollen dass sie zurück gebaut wird“, erklärte Joost vor Ort im weißen Kittel. Wenn er und seine Mitstreiter Aktionen machen, könnte man meinen, Popstars treten auf: Überall Blitzlicht und Mikrofone. Das unkonventionelle Auftreten von Joost & Co. fasziniert so manchen und erinnert wenig an den üblichen linken Protest.

Mehr als 16 000 Menschen aus Friedrichshain-Kreuzberg haben den Bürgerentscheid mit ihrer Unterschrift erzwungen. Seitdem ziehen alle an einem Strang. „Unser Protest ist übergreifend, schließlich haben wir linke Projekte genauso integriert wie Anwohner, die zuvor eher unpolitisch waren.“ Vielleicht macht das den Erfolg der Initiative aus: Wo autonome Gruppen durch ihr Auftreten an den normalen Menschen scheitern, ist die Agitprop-Kultur der Gruppe um Joost erfolgreicher. Sie gilt als offener und vor allem als verhandlungsbereit.

Zu Verhandlungen wird es auch kommen, meint zumindest Joost. Denn wenn der Bürgerentscheid erfolgreich sein sollte, wird es einen Sonderausschuss des Bezirksamtes geben – mit drei Vertretern der Initiative. „Ab Montag werden wir außerdem neue Ideenwerkstätten mit Anwohnern und Projekten planen, um alternative Nutzungsmöglichkeiten der Spreeufer aufzuzeigen. Wir wollen konstruktiv arbeiten und wollen ja überhaupt nicht reine Blockierer sein, sondern eher Vorantreibende.“

Die Aktivisten könnten mit dieser Haltung zwischen Alternativplanung und kreativen Protest überzeugen: 7000 Briefwähler haben ihre Stimme bereits abgegeben, der morgige Entscheid treibt den Kiez um: Strandclubs wie die „Bar 25“ werden ihre Gäste mit Shuttlebussen zum Wahllokal bringen, vor dem Rathaus in der Yorckstraße und an der O2-Werbetafel am Spreeufer wird man sich am frühen Abend treffen. Gefeiert wird dann im Yaam-Club.

Bereits heute Mittag laden die Aktivisten zur bunten Spreeparade, ihrem Wahlkampfabschluss. Ab 15 Uhr soll die Demonstration starten, die von zahlreichen linken Gruppen wie der Antifaschistischen Linken Berlin unterstützt wird, auf der Warschauer Brücke. Der Protestmarsch soll durch den Kreuzberger Kiez führen und an der O2-Arena enden. „Dort haben wir wieder eine Wasserkundgebung angemeldet. Also bringt eure Gummiboote mit!“, sagt Joost. Erwartet werden über 1500 Teilnehmer. Und die Mediaspree-Gegner werden den Protest fortsetzen. Gleich am Montag. „Was wir planen, ist aber noch geheim“, sagt Joost.

Ric Graf

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