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Streikverbot ist umstritten: Staatsdiener müssen mit Sanktionen rechnen

Dass Lehrer mit Streiks drohen, ist nicht neu, dass aber ganze Kollegien die Arbeit niederlegen wollen, kommt eher selten vor. Denn viele Lehrer sind Beamte – und die haben hierzulande kein Streikrecht.

Doch gerade Pädagogen fühlen sich durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf 2010 ermutigt, wonach einer verbeamteten Lehrerin ein Recht auf Streik zugestanden wurde – obwohl sie laut Richter ihre Pflicht als Pädagogin verletzt hatte. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte erklärt, dass Beamte keinem pauschalen Streikverbot unterliegen. Allerdings wurde zwischen verschiedenen Staatsdienern unterschieden und einer „Kernbeamtenschaft“ kein Streikrecht zugestanden, etwa Polizisten. Streikrecht ist also eine Grauzone.

Ein Streikrecht für Beamte fordert der Gewerkschaftsbund DGB, dem die Lehrergewerkschaft GEW angehört. „Die Urteile sind nur ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte GEW-Chef Ulrich Thöne kürzlich. Auch die DGB-Polizeigewerkschaft GdP will das Recht auf Arbeitskampf: Was genau der „Kernbereich des öffentlichen Dienstes“ sein solle, sei offen. Ohnehin würde hierzulande behutsam gestreikt. Tatsächlich wird in vielen Ländern häufiger die Arbeit niedergelegt.

Beim Beamtenbund sieht man das anders: Das Streikverbot gehe mit dem besonderen Status des Beamten einher. In dem Verband, dessen 39 Fachgewerkschaften mit dem DGB um Mitglieder konkurrieren, glaubt man, das Düsseldorfer Urteil werde in der Berufung gekippt. Viele Juristen gehen ebenfalls davon aus.

Das Streikverbot für Beamte leitet sich nicht aus konkreten Gesetzen, sondern besonderen Treuepflichten der Staatsdiener ab, die dafür wiederum besondere Rechte wie Kündigungsschutz genießen. Lange wurden auch Lokführer verbeamtet, weil die Bahn als für die öffentliche Ordnung besonders wichtig galt. Ulrich Battis, Verwaltungsrechtler an der Berliner Humboldt-Universität, geht davon aus, dass es zu einer Modifizierung kommen wird: „Nicht alle Beamten braucht der Staat gleichermaßen, je nach ihrer Aufgabe müssten sie streiken dürfen.“

Unabhängig von der Streikdebatte, drohen Beamten disziplinarische Strafen, wenn sie sich einem Ausstand anschließen. In der GEW bleibt man gelassen. „Viele Kollegen sind alt genug, um Einträge in die Personalakte und Beförderungstopps in Kauf zu nehmen“, hatte GEW-Landeschefin Rose-Marie Seggelke zu Jahresbeginn gesagt. In Hamburg hatten verbeamtete Lehrer 2009 die Arbeit niedergelegt – die Stadt kam ihnen dann entgegen.

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