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Berlin: Staatskasse profitiert verstärkt vom Zugriff auf das Vermögen von Kriminellen

Innerhalb eines Jahres hat die Polizei bei Strafermittlungen Vermögenswerte von über 45 Millionen Mark sichergestellt. Angesichts eines geschätzten wirtschaftlichen Schadens von etwa 1,8 Milliarden Mark durch Straftaten allein im vergangenen Jahr sieht das aber nur wie Kleingeld aus.

Innerhalb eines Jahres hat die Polizei bei Strafermittlungen Vermögenswerte von über 45 Millionen Mark sichergestellt. Angesichts eines geschätzten wirtschaftlichen Schadens von etwa 1,8 Milliarden Mark durch Straftaten allein im vergangenen Jahr sieht das aber nur wie Kleingeld aus. Polizeipräsident Hagen Saberschinsky forderte daher gestern vor Journalisten die Beweislastumkehr für das Geldwäschegesetz. Dann müsste derjenige, bei dem Vermögenswerte gefunden werden, belegen, dass diese Werte ehrlich erworben wurden. Derzeit muss die Polizeiim Verdachtsfall nachweisen, dass das Vermögen aus Straftaten stammt.

Dies sei allerdings seit 1998 nur in einem einzigen Geldwäsche-Fall so erfolgreich gelungen, dass dies auch vor Gericht Bestand hatte. Zwar erhalte man viele Hinweise (im vergangenen Jahr waren es 142) von Geldinstituten, die nach dem Geldwäschegesetz verpflichtet sind, bei Einzahlsummen ab 30 000 Mark die Identität des Einzahlers festzustellen und die Polizei zu informieren. Es bestehe jedoch eine große rechtliche Schwierigkeit, das Geld einer kriminellen Vortat zuzuordnen und dann noch zu belegen, dass die Vermögenswerte aus illegalen Transaktionen stammen.

Anders sieht das bei konkreten Strafermittlungen aus. Seit diesem Februar verfügt das Landeskriminalamt (LKA) über eine Finanzermittlungsgruppe, in der vier Kriminal- und drei Zollbeamte versuchen, bei verdächtigen Finanztransaktionen die dahinter steckenden Strukturen zu ermitteln. Außerdem konnten inzwischen auch die politisch Verwantwortlichen von der Notwendigkeit der Gewinnabschöpfung überzeugt werden, sagte Saberschinsky. Es seien 50 Stellen für Beamte bewilligt worden, die parallel zu laufenden Strafermittlungen Vermögenswerte aufspüren und abschöpfen sollen. 22 Beamte haben ihre Arbeit bereits aufgenommen.

Mit den abgeschöpften kriminellen Gewinnen würden die Opfer der verurteilten Täter entschädigt, und es werde dem Markt Geld zur Investition in weitere kriminelle Geschäfte entzogen, sagte Saberschinsky. Durch Einziehung der Vermögenswerte der Straftäter sinke der Tatanreiz, denn die Triebfeder für die "Alltagskriminalität bis zur Organisierten Kriminalität" sei Gewinnstreben. "Ziel muss es daher sein, die profitorientierte Kriminalität bei ihrer Achillesferse zu treffen", sagte Saberschinsky.

Bei den Ermittlungen gegen Rauschgiftdealer stellten die Ermittler über 3,8 Millionen Mark in Form von Kontenguthaben, Bargeld, Grundstücken und Fahrzeugen sicher.Einen Teilerfolg erzielte sie auch gegen einen Betrüger. Durch die Fehlbuchung einer Bank waren im Februar einem Geschäftsführer, gegen den bereits ermittelt wurde, 12,3 Millionen Mark überwiesen worden. Innerhalb kurzer Zeit ließ dieser das Geld in dunklen Kanälen versickern. Nachdem die Bank drei Monate später die Fehlbuchung bemerkt hatte, stellte die Polizei die privaten Vermögenswerte des Mannes sicher: einen Aston Martin Sportwagen, ein Fahrzeug des englischen Herstellers Morgan, eine wertvolle Uhrensammlung, Bilder, Schmuck und andere Gegenstände im Gesamtwert von 5,8 Millionen Mark.

In einem dritten Fall wurden bei einer Kontrolle 155 000 Mark im Auto mutmaßlicher Zigarettenhändler sichergestellt. Beide Insassen des Wagens, ein Deutscher und ein Vietnamese, behaupteten steif und fest, nicht zu wissen, wie das Geld in das Auto gekommen sei. Es handelte sich aber genau um die Summe, für die man 10 000 Stangen Zigaretten zum Einkaufspreis von 15,50 Mark bekommen konnte.

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