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Stadtleben: Abends in die Hongkong-Bar

Eine Ausstellung über die Chinesen von Berlin

Es gibt auch ziemlich entspannte Einwanderergeschichten. Sie handeln von Leuten, die kommen, um etwas aus ihrem Leben zu machen. So ungefähr ist die Geschichte der Chinesen gelaufen, die nach Berlin zogen. Sie sind die unproblematische Minderheit, 12 000 Menschen sollen es heute sein. Eine Ausstellung im Heimatmuseum Charlottenburg zeigt ab Donnerstag Spuren chinesischen Lebens in der Berliner Stadtgeschichte.

Dass es hier gut ging zwischen den Berlinern und den Einwanderern, hat mit der preußisch-berlinischen Toleranz zu tun. Nur zu Zeiten des chinesischen Boxer-Aufstandes zwischen 1897 und 1901 waren Chinesen weniger gelitten – und in der NS-Zeit. Da wurden die, die in Berlin geblieben waren, drangsaliert. Doch wenn es tolerant und freimütig zuging in Berlin, betraf das auch chinesische Einwanderer. Kein Herrscher schrieb den Einwanderern vor, wo sie zu wohnen hatten. Deshalb gibt es in Berlin kein chinesisches Viertel, sondern Gegenden, in denen Einwanderer aus China vorzugsweise wohnten. Die Kantstraße ist als Schlagader chinesischer Alltagskultur zu erkennen. Dagmar Yu-Dembski, die Kuratorin der Ausstellung, erklärt die Anziehungskraft Charlottenburgs auf viele Chinesen mit zwei Faktoren. Der eine ist die Technische Universität, die immer interessant war für Studenten aus aller Welt, die Ingenieure oder ähnliches werden wollten. Der andere Faktor ist die chinesische Gesandtschaft, die in den 1870er Jahren am Kurfürstendamm eröffnet wurde.

Auf eine charmant-dezente Weise arbeitet die Ausstellung heraus, dass es in den interessantesten und spannendsten Phasen der jüngeren Berliner Stadtgeschichte immer einen chinesischen Aspekt gegeben hat. Johann Gottfried Schadow, der preußische Baumeister, zeichnete 1823 die beiden ersten Chinesen in Berlin, offenbar weil er ihre Gesichter interessant fand. Hundert Jahre später bevölkerten elegante junge Männer mit schwarzen Haaren und geschlitzten Augen Charlottenburger Straßen, Hörsäle der Technischen Universität und, wie auf alten Fotos in der Ausstellung zu sehen ist, das Strandbad Wannsee. Derweil knüpften Kommunisten aus der Noch-Nicht-Volksrepublik Kontakte zu deutschen Gesinnungsfreunden – ein Foto zeigt Ernst Thälmann mit dem Kommunisten Han Sen, natürlich beim Überreichen einer roten Fahne.

Es gibt Fotos und Zeitungsberichte von der Eröffnung des ersten China-Restaurants auf der Kantstraße und Bilder aus der „Hongkong“-Bar, in der man ab 1957 nach der Arbeit chic einen zu sich nehmen konnte. Passend dazu die Anzeige vom „Haus der Cocktail-Kleider“: Mannequin war eine schöne Chinesin. wvb.

Chinesen in Berlin. Heimatmuseum Charlottenburg-Wilmersdorf, Schloßstraße 69, vom 13. September bis zum 4. November, Di-Fr 10-17 Uhr, So 11-17 Uhr. Eintritt frei. Zur Ausstellung erschienen: Dagmar Yu-Dembski: Chinesen in Berlin. Bebra Verlag, Berlin, 160 Seiten, 14,90 Euro.

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