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Baustellenführung: Barocke Bruchbude - Staatsoper vor der Sanierung

Das Ensemble ist ausgezogen, die Sanierung der Staatsoper kann beginnen. Berlins Senatsbaudirektorin zeigt schon mal, wohin die Millionen fließen sollen.

Je tiefer man ins Untergeschoss der Staatsoper hinabsteigt, desto unangenehmer wird der Geruch: Stechend, beißend, scharf zieht es in die Nase. Weiße, dreckige Kacheln kleben an den Wänden, schwarzer Teer quillt langsam aus den Boden und aus Rissen in den Wänden, die Luft ist stickig und irgendwie modrig. Es fühlt sich an, als sei man in eine unterirdische Schlachterei gelangt, die vor Jahrzehnten aufgelassen worden ist und seither in ihrer ganzen Muffigkeit unverändert sich selbst überlassen war – die perfekte Szenerie für einen Horrorfilm.

Und dabei dienen doch diese Keller der Kunst: Hier befindet sich die Hydraulik der Unterbühne. Aber dass es in den letzten Inszenierungen der Staatsoper kulissenmäßig eher ruhig und statisch zuging, hat hier seinen Grund. Wenn Sänger oder Bühnenmitarbeiter oben stehen, dürfen die Hebebühnen nicht mehr bewegt werden, die Technik stammt in ihren ältesten Teilen noch aus den 20er Jahren. „Das ist alles zu alt“, sagt Maschinenmeister Bernd Michalski, der hier unten das Sagen hat, mit leicht traurigem Blick. Denn dass die Maschinen fast 100 Jahre ihren Dienst tun, spricht ja nicht gegen, sondern für sie. Jetzt aber wird sein Arbeitsplatz und mit ihm die gesamte Staatsoper sowie das benachbarte Intendanz- und Magazingebäude für 239 Millionen Euro grundsaniert.

Und damit auch jeder sehen kann, wohin das Geld fließt, haben Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und der Architekt HG Merz, der den Umbau leitet, zum Rundgang über die Bühne und den Unterbau der Oper geladen. „Das meiste Geld wird gefressen von Arbeiten, die man hinterher gar nicht sieht“, sagt Lüscher mit einem Ton des Bedauerns und zeigt auf eine im barocken Stil gestaltete Wand aus den 50er Jahren, von der Putz abblättert – als habe das Mauerwerk Ausschlag. Daneben schwappt eine Lache aus Grundwasser. Woher sie die Sicherheit nehme, dass nicht doch am Ende alles viel teurer werde, will jemand von Regula Lüscher wissen. „Im Moment gibt es keine Anzeichen dafür. Aber vor Überraschungen sind wir natürlich nie sicher, sonst wären es ja keine“, so ihre wenig beruhigende Antwort. HG Merz bemüht sich unterdessen, auf seine Weise Beruhigung herzustellen: „Das bleibt“, betont er mehrmals, und „das wird erhalten.“ Er meint die Fassaden des Intendanzgebäudes und des Magazingebäudes, die sich südöstlich hinter der Staatsoper befinden und weitaus weniger im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen als der Theaterbau unmittelbar an den Linden.

Ende der Vorstellung. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher (r.) führt durch die marode Staatsoper. Die Technik wird abgebaut, das Fundament erneuert.

© ddp

Hinter diesen beiden historisierenden Fassaden allerdings wird sich vieles ändern. So hat die ungeliebte große Probebühne, die zur 750-Jahr-Feier in den 80er Jahren mitten in den Innenhof des Intendanzgebäudes gestellt wurde, keine Zukunft. Stattdessen wird der Innenhof wieder hergestellt – als Freifläche für die Kantine und als schnelle Verbindung zwischen den Abteilungen des Hauses. Da aber natürlich weiterhin geprobt werden muss – und heutzutage sogar mehr als in den 50er Jahren –, findet ein großer Austausch statt: Die Probenräume, die bisher an verschiedenen Orten in der Stadt verstreut waren, werden in einem Teil des Magazingebäudes neu errichtet und zusammengefasst. „Wir wollen den künstlerischen Produktionsprozess näher am Haus haben“, sagt Hans Hoffmann, Technischer Direktor der Staatsoper. Im Gegenzug kommen die Kulissen, die bisher in eben jenem Magazingebäude gelagert waren, in ein neues Außenlager in Hohenschönhausen, wo perspektivisch auch Deutsche und Komische Oper ihre Kulissen lagern werden. Was mit dem verbleibenden Teil des Magazingebäudes geschieht, ist derzeit noch nicht klar. Außerdem wird ein viertes, komplett unterirdisches Verbindungsbauwerk errichtet, in dem die Dekorationen von bis zu sechs Inszenierungen gleichzeitig gelagert werden und schnell auf die Bühne gebracht werden können – dort, wo dann hoffentlich auch Maschinenmeister Michalski einen schöneren Arbeitsplatz haben wird.

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