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Am rauschenden Bach. Mike Röhrdanz ist der Fachmann fürs Wasser im Britzer Garten.

© Mike Wolff

Berliner Gärten: Der Wassermann

Der Britzer Garten ist eine Kunstlandschaft, auf Geröll und Sand angelegt. Ein Rohrsystem speist Bäche und Beete. Und Mike Röhrdanz macht Druck.

Der Wiesenbach schwächelt“, sagt Mike Röhrdanz. „Den bring’ ich in Schwung.“ Der Wiesenbach fließt über eine Anhöhe in den Britzer Garten, hinab über Steinbrocken und mit kleinen Wasserfällen. Dabei soll er rauschen wie seine Vorbilder im Gebirge. Doch als Röhrdanz bei seiner morgendlichen Inspektionsrunde vorbeikommt, hört er nur leises Plätschern. Nun ist der 45-Jährige zurück ins Pumpenhaus geeilt, steht an einer mannshohen Schaltwand vor einem Touchscreen. Er fährt mit dem Zeigefinger darauf hin und her bis das Befehlsfeld „Betriebsdruck“ aufleuchtet, tippt auf ein Kästchen – das erhöht den Druck von 3,5 auf sieben Bar. „Jetzt rauscht der Bach wieder“, sagt Röhrdanz und schmunzelt – als hätte er der Natur elektronisch ein Schnippchen geschlagen. Der Mann macht Druck.

Der Gas- und Wasserinstallateur arbeitet seit 20 Jahren in einer 90 Hektar großen Parklandschaft, deren Seen, Quellen und Bäche künstlich geschaffen sind, mitsamt einem ausgeklügelten System von Beregnungsanlagen. Er kümmert sich im Britzer Garten darum, dass es überall sprudelt, fließt und sich die Sprenger drehen – auf den Liegewiesen, im Rosengarten oder im gerade üppig aufgeblühten Rhododendronhain.

Der Park wurde 1985 auf Geröll- und Sandboden angelegt. Zwar bedeckt eine Schicht Mutterboden den porösen Untergrund. „Doch ohne ständigen Wassernachschub wächst hier nichts“, sagt Röhrdanz. „Wenn Sie sprühen, sickert die Nässe ruckzuck weg.“ Deshalb hat der 1,91 Meter große Handwerker, der am liebsten mit seiner grünen Latzhose und einer abgewetzten Windjacke in seinem Wasserreich unterwegs ist, einen für den Garten lebenswichtigen Job.

Manchmal steht ihm das Wasser bis zur Hüfte, dann ist er der Putzmann für die Zisterne im Pumpenhaus, hat einen Gummi-Overall übergezogen und die hohen Anglerstiefel an. Er lässt sich langsam ins Becken hinunter, um Algenflechten oder Miesmuscheln von den Wänden zu klauben.

Das Pumpenhaus steht in der Nähe des Cafés am See. Es ist das Kraftzentrum eines unterirdischen Versorgungsnetzes, das aus drei Brunnen gespeist wird. Das Grundwasser, das sie gleich neben dem Haus aus 50 Metern Tiefe ziehen, wird durch Rohre zum benachbarten See gepumpt. Dort sprüht und sprudelt es zur Freude der Spaziergänger aus Kaskaden in das malerische Gewässer. Für Mike Röhrdanz ist der See dagegen ein „Wasserspeicher.“ Von diesem Reservoir fließt das Nass durch Rohre in die Tiefzisterne unterm Pumpenhaus.

Das Gebäude ist etwa so groß wie ein Ein-Familien-Bungalow. Im Inneren leuchten links an der Wand die Touchscreens der Schaltzentrale. Rechts sieht man Druckkessel und Rohre. Der Boden in der Mitte ist mit Blechen abgedeckt. Röhrdanz klappt eine Platte zur Seite. Darunter gluckst die Zisterne. Und mittendrin dreht sich ein Monstrum langsam in trüben Strudeln. Das ist die Filtertrommel – eine Reinigungsstation. Fünf Elektropumpen im hinteren Teil des Hauses saugen das Wasser aus dem See durch deren Siebe und drücken es danach ins Leitungsnetz des Parks. Hinaus zu den Quellen und zu 200 Hydranten, an die die Gärtner Sprenger und Sprühschläuche anschließen. Nachts und in der Frühe wird intensiv bewässert. Vormittags, wenn noch wenige Besucher da sind, spart Röhrdanz Energie. Dann fährt der Mann fürs Wasser die Bäche mit geringem Druck.

In Ostberlin hat er Installateur gelernt, flüchtete noch kurz vor der Wende in den Westen und bekam 1990 den Job im Park. „Da wurde ich ins kalte Wasser geworfen“, sagt er. Pumpen, Motorschieber, Ringleitungen – wie funktioniert das alles zusammen? Röhrdanz hat sich eingearbeitet, es hat ihn beflügelt, wie „sattgrün der Rasen, wie toll die Beete aussehen, wenn wir alles gut beregnen“. In Sommernächten sind dafür gut 400 000 Liter Wasser pro Stunde nötig.

Auf seinem Schreibtisch im Pumpenhaus liegt ein großer Plan. Alle Rohre sind eingezeichnet, insgesamt mehr als 15 Kilometer lang. In bis zu 1,50 Meter Tiefe verlaufen sie unter den Füßen der Besucher. Von den Hauptleitungen zweigen Ringleitungen ab, von diesen dünnere Rohre zu Hydranten und Beregnungsanlagen. Ein Netz, so fein verästelt wie die Adern eines Laubblattes.

Klemmt irgendwo ein Absperrschieber, lecken Rohre oder wird der Teich im Staudengarten mal wieder undicht, so dass die Frösche auf dem Trockenen sitzen – fährt Röhrdanz mit seinem Werkstattwagen los, kutschiert gemächlich um Walker und Kitagruppen herum. Nur im August 2009 hatte er es mal richtig eilig. Da war tagsüber eine Beregnungsanlage angesprungen, als ganz viele Sonnenbader auf der Wiese lagen.

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