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Aktenkundig. In unserem Archiv im zweiten Stock stöberte Rainald Grebe nach alten Artikeln und Fotos. Die Fundstücke will er in sein Bühnenprogramm einarbeiten.

© Kitty Kleist-Heinrich

Besuch beim Tagesspiegel: Rainald recherchiert

Im Juni will Musiker Rainald Grebe runden Geburtstag feiern – mit 22.000 Gästen in der Waldbühne. Dafür sucht er noch Geschichten über die Konzertstätte. Grund für einen Besuch im Tagesspiegel-Archiv.

Rainald Grebe ist ganz schön spät dran. „Bin ich immer“, grinst er und entschuldigt sich mit Parkplatzproblemen. Diesmal. Aber am 18. Juni will er in der Waldbühne groß Geburtstag feiern, seinen 40., und viele der dazu Eingeladenen wissen noch nichts davon. „Das muss so sein: chaotisch und auf den letzten Drücker“, beruhigt sich der frisch gebackene Träger des Deutschen Kleinkunstpreises. Bis zum großen Tag hat er noch einiges zu tun. Zum Beispiel im Archiv des Tagesspiegel nach Geschichten und Infos über die Waldbühne stöbern. Dazu ist Grebe an diesem Donnerstag ins Verlagshaus am Askanischen Platz gekommen. Mit dem Aufzug in den zweiten Stock, hinter der Glastür links.

Außer seinem Orchester der Versöhnung, Kollegen und Gästen wünscht sich der Musiker und Kabarettist noch viele andere Mitmacher für sein Freilichtspektakel „Halleluja Berlin – das Jubiläumskonzert“. Turner und Boxer „wie bei Sportwettkämpfen“, Chöre „wie beim Sängerfestival“, Dromedare „wie bei ,Aida‘“, Reitvereine und Brieftaubenzüchter „wie die Friedenstauben beim Kirchentag 1989“ sind von Grebe fest eingeplant und auch ein großes Feuerwerk. In einer volksfesthaften Mitsingshow soll die bewegte Geschichte des 1936 von den Nazis für die Olympischen Spiele in der Murellenschlucht erbauten Amphitheaters aufscheinen. Natürlich so, wie der derzeit frechste Deuter deutscher Befindlichkeiten sie sieht, also als Steinbruch für schräge Assoziationen, die Rainald Grebe gagaesk in Szene setzt. „Mit Fahnen und Bannern“, jubelt er. Und stramm durchchoreografiertem Einzug der Mitwirkenden? „Genau!“

Der gebürtige Kölner lebt zwar seit Anfang der neunziger Jahre in Berlin, wo er vor seiner steilen Satirikerkarriere an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch sein Puppenspieler-Diplom gemacht hat. In der Waldbühne zum Konzert war er jedoch nie. „Hab’ immer nur davon erzählen hören – Philharmoniker, Billy Joel, Taschenlampenkonzert, Mücken – ein magischer Ort“, sagt er und kramt in vergilbten Zeitungsartikeln.

Auf die Idee, sich alte Tagesspiegel- Ausgaben von 1945 bis heute anzuschauen, kam er, weil er über die Waldbühne weder ein Buch noch großartig Material im Internet fand. „Irre“, sagt er nun. Sogar Bogenschützen und Seniorenvereine interessierten sich mal für die Arena. „Na, Bogenschützen brauchen ja Entfernung“, kommentiert er trocken. Und wenn es Berliner gibt, die beim legendären Konzert der Rolling Stones dabei waren, würde Grebe sie gerne mal treffen.

Ehrfurcht gebietende 22 000 Plätze hat die Freiluftbühne, ein ganz schön majestätisches Rund. Keine Angst davor? „Doch“, lächelt Rainald Grebe, der spielend den Admiralspalast und deutsche Stadthallen füllt, aber es noch nie mit so einer Größenordnung zu tun hatte. Waldbühnen-Betreiber CTS Eventim hat sich offenbar gemerkt, dass im Oktober ein Polizeieinsatz nötig war, um hunderte Fans zu bändigen, die per Facebook von einer öffentlichen Probe Grebes in einem Friedrichshainer Club erfahren hatten. Die passen in die Waldbühne doppelt und dreifach rein. „Eigentlich ist es ein Witz, dass ich da spielen darf“, wundert sich Grebe, „deswegen möchte ich das auch zum Anlass nehmen, einen Witz daraus zu machen.“ Obwohl zum Konzert ein neues Album rauskommt, wird es eher eine musikalische Werkschau mit Rainald Grebe- Liedern aus den letzten fünf, sechs Jahren.

Zum runden Geburtstag an sich denkt Rainald Grebe sich nicht so viel. Als Kleinkünstler bekäme man auch mit 40 noch manchen Nachwuchspreis. „Ich nehm’ das halt zum Anlass für diesen Schnitt“, sagt er. Erst Party mit 22 000, dann für zwei Monate Rückzug in die Sommerpause, im August die Premiere „Völker schaut auf diese Stadt“ im Maxim-Gorki-Theater und weiter nichts in diesem Jahr. „Ich muss jetzt mal was gegen diesen Rausch setzen“, sagt er und meint die letzten beiden Jahre, wo die Hallen immer größer wurden. „Einmal Waldbühne und danach wieder neu klein anfangen.“

„Hier, Karl May gab’s auch in der Waldbühne“, freut sich Grebe und hält einen Artikel mit Schwarzweiß-Fotos von Indianern hoch. „Unter Geiern“ als Freilichtspektakel, so wie in Elze und Bad Segeberg, irgendwann in den Achtzigern. Das kommt selbstredend auch rein ins Konzert. Grebes Vater war schließlich Karl- May-Experte, und er selbst tritt auf der Bühne gern mit Federschmuck als „Häuptling ohne Land“ auf. In die Waldbühne will er sogar auf einem weißen Wallach traben. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. „Ich hatte schon eine Reitstunde in Brandenburg.“ Und? „Furchtbar.“

Waldbühne, 18. Juni, 20 Uhr, 33,50 Euro, Karten bei der Tagesspiegel-Ticket-Telefonnummer: 290 21 521, Mo-Fr 7.30-20 Uhr

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