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Fashionshow MICHALSKY

© Davids

Locations: Catwalk vorm Kruzifix

Kunstmuseum, Kirche, Tropenhaus: Berlin begeistert Modemacher mit immer neuen Show- und Party-Orten von bizarr bis edel. Berlin zeigt sich wieder mal als guter Gastgeber für die Fashion Week, weil sich hier in jeder Saison neue, noch nicht bespielte Orte finden.

Die Zionskirche kann sich endlich eine neue Küche leisten – Gott und Michalsky sei Dank. Der Berliner Modemacher lud gestern seine Gemeinde in die Kirche in Mitte, um dort seine inzwischen vierte Kollektion unter eigenem Namen vorführen zu lassen. Als Lohn dafür finanziert er den dringend notwendigen Küchenumbau. Das Motto seiner Kollektion lautete passenderweise „Heilige und Sünder“. Das klingt etwas nach einem Maskenball in einer schwulen Tanzschule. Das Kreuz hat Michalsky für alle Fälle verhängen lassen. Auch wenn die Kirche noch in Benutzung ist, wird sie oft für ganz weltliche Veranstaltungen wie Fotoausstellungen und ähnliches benutzt.

Da nur fünfhundert Menschen in die Kirche passen, aber sogar Anzeigenblätter vom Timmendorfer Strand Beilagen zur Modewoche planen, um Einlass zu finden, gab es eine Aftershowparty für dreimal so viele Gäste. Im leeren Schwimmbad an der Oderberger Straße sollte es dann auch sündig weitergehen: Als Nonnen verkleidete Bardamen warteten dort bereits.

Michalsky durfte auch schon ins Rote Rathaus

Michalsky ist schon richtig rumgekommen in der Stadt: Gleich für seine erste Schau stellte ihm der Regierende Bürgermeister das Rote Rathaus zu Verfügung, danach baute er in den Vorsaal der Gemäldegalerie am Kulturforum ein riesiges weißes Podest wie einen Eisberg. Im vergangenen Sommer verwandelte er einen schrammeligen Busbahnhof der BVG in Wedding in einen Ort des Hippieglamours. Dort wo sonst Busfahrer ihre Stullen verspeisen, wurden eine Nacht lang Cocktails gemixt.

Am Donnerstagabend durften geladene Gäste ausnahmsweise nach Torschluss in den Hamburger Bahnhof, allerdings nicht um sich moderne deutsche Kunst anzuschauen sondern ebensolche Mode vom Label Joop! Dass hier die beste Schau der Fashion Week stattfand, hat Kreativdirektor Dirk Schönberger sicherlich auch der klugen Auswahl des Ortes zu verdanken. Die Räume, in denen das Modevolk vor der Schau Champagner schlürfte, waren illuminiert, aber im Vorführungsraum selbst strahlte indirektes Tunnellicht. Es ist fast ein wenig schade, dass der Tunnel nur für eine Nacht als Kulisse diente. Das aus Pappmaché nachgestellte Bauwerk kommt moderner Kunst schon recht nah und es würden sich wohl viele Besucher gar nicht über so eine begehbare Skulptur wundern. Dem Ziel, intelligente deutsche Mode zu machen, ist Schönberg an diesem Abend auf jeden Fall ein ganzes Stück näher gekommen.

Nach der Schau warteten dann schon Busse, die verschiedene Orte ansteuerten. Unter anderem ein altes Fernmeldeamt und den Club Weekend am Alexanderplatz. Im Sommer mietete er zur Fashion Week gleich das ganze Gelände des Berghains. Hier fand erst die Modenschau in der riesigen Industriehalle statt, danach gab es Häppchen auf dem ehemaligen Werksgelände und Cocktails in der Panoramabar.

Berlin ist auch deshalb so ein guter Gastgeber für die Fashion Week, weil sich hier in jeder Saison neue, noch nicht bespielte Orte für einige Modenschauen hinter alten Mauern finden. Und nebenbei unterstützt die Modewelt auch noch Berliner Einrichtungen. Die Miete, die das Metzinger Modeunternehmen Boss für ihre Schau im Tropenhaus bezahlte, kann der Botanische Garten sicher gut gebrauchen – zum Beispiel, um das 60 Meter lange und 26,50 Meter hohe Glashaus wieder mit tropischen Pflanzen zu bestücken, die am Mittwochabend zur Modenschau noch fehlten. Statt Grünzeug standen graue Quader im Raum herum, die am Anfang mit Hilfe von Laserstrahlen in eine gewaltige Skyline verwandelt wurden. Das blaue Licht ließ zwar alle Anwesenden noch winterblasser aussehen, passte aber einfach gut zur Stahlkonstruktion der Kuppel.

Und natürlich wurde auch auf dem ExFlughafen Tempelhof gefeiert – die Rückkehr der Modemesse Bread & Butter nach Berlin. Schon vor einem Jahr konnte sich Messechef Karl-Heinz Müller davon überzeugen, dass man in Tempelhof wunderbar Mode ausstellen kann. Damals führte hier der Boss-Designer Bruno Pieters seine Linie Hugo vor. Und da er beim Entwerfen die neue deutsche Sachlichkeit im Kopf hatte, passte ihm die monumentale Kulisse des Flughafens perfekt ins Konzept.

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