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Pfarrer gegen Imame:

© ddp

Christen gegen Imame: Wenn Sunniten grätschen

In Berlin-Wilmersdorf trafen sich am Samstag evangelische Pfarrer und muslimische Geistliche. Nicht um miteinander einen theoretischen Dialog zu führen, sondern zur Revanche auf dem Fußballplatz.

Kurz nach Wiederanpfiff reicht es Heribert Süttmann. Der lange Torwart schnappt sich die Pfarrer aus Birkenwerder und dem ostbrandenburgischen Tauche. "Was ist los?", brüllt er seinen Kollegen zu und gestikuliert wild. In den vergangenen Minuten hat die Mannschaft der sunnitischen Muslime die evangelischen Geistlichen in der eigenen Hälfte eingeschnürt. Süttmann, der ehemalige Pfarrer einer Berliner Gemeinde, muss mit mehreren Glanzparaden seine Mannschaft vor dem Ausgleich bewahren.

Auf einem Sportplatz in Berlin-Wilmersdorf treffen sich am Samstag evangelische Pfarrer und muslimische Geistliche. Nicht um miteinander einen theoretischen Dialog zu führen, sondern um sich ganz praktisch auf dem Fußballplatz zu messen. Der Ökumenische Rat Berlin-Brandenburg hatte im vergangenen Jahr einen Wanderpokal ausgelobt, der nach überragendem Einsatz an die Christen ging. Zusammen mit dem Inssan e.V., der Islamischen Föderation, der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und dem Evangelischen Kirchenkreis Berlin-Wilmersdorf hat der Rat nun eine Neuauflage organisiert. Dabei geht es vor allem um das gegenseitige Kennenlernen.

"Aber wir sind nicht unfehlbar"

Ferid Hayder, Imam in den Gemeinden Neukölln und Wedding sowie Kapitän seiner Mannschaft, verspricht vor dem Anpfiff, dass es nicht erneut zu einem deklassierenden 1:12 wie 2006 kommen soll. Der Superintendent des Kirchenkreises Wilmersdorf, Roland Herprich, nimmt die Kampfansage lachend zu Kenntnis. Die beiden Geistlichen versprechen, sich auch auf dem Platz der gepredigten Tugenden zu erinnern. "Aber wir sind nicht unfehlbar", sagen sie unisono.

Das Spiel beginnt mit einem Sturmlauf der Christen. Doch der Britzer Pfarrer Christan Meißner fühlt sich der Verständigung verpflichtet. Selbst größte Chancen versemmelt er konsequent. Die rustikal spielenden Sunniten freut es, die leichtfüßigen Christen zürnen.

Bischof Theodor Clemens, der Vorsitzende des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg, hatte sich im Vorfeld ein faires Spiel gewünscht, dessen Ergebnis aber "bitte nicht abgesprochen" sein solle. Er hofft, "dass die Geistlichen nicht nur des Wortes mächtig sind, sondern auch am Ball". Kurz vor der Pause überkommt es Herprich ganz profan. Rüde holt er einen Sunniten von den Beinen und hadert mit den aufgebrachten Zuschauern. Im Hintergrund beginnt die Kapelle der Heilsarmee zu spielen. Deren Major Beat Rieder, Herprichs Teamkollege auf dem Rasen, schüttelt den Kopf über das Foul.

Strafpredigt des Keepers

Die Strafpredigt von Pfarrer Süttmann zeigt schnell Wirkung. Amtskollege Kai-Uwe Folgner-Buchheister aus Tauche vollstreckt nach schönem Zuspiel eiskalt. Es ist sein insgesamt viertes Tor in der Partie. Damit hat er maßgeblich zum späteren 6:2-Sieg seiner Mannschaft beigetragen. Pfarrer Dirk Kroll aus Birkenwerder fährt sich nach dem Abpfiff über den kahlrasierten Schädel. Souverän hat er sich den Angriffswellen der Imame entgegengeworfen. Erschöpft streicht er seinen langen Kinnbart. Die Muslime trauern den vergebenen Chancen nach. "Unsere besten Männer sind schon in der Türkei im Sommerurlaub", sagt Hayder. "Und uns fehlen die Katholiken", bedauert Herprich.

Clemens würdigt hingegen nach dem Abpfiff den "fairen Kampf" und freut sich, dass die Beteiligten "auch einen Elfmeter eingebaut" haben. Er glaubt fest daran, den goldenen Wanderpokal im kommenden Jahr auch mal in einer Moschee zu sehen. Herprich will das auch im nächsten Jahr wieder verhindern. Dann könnte das Spiel in einem richtigen Stadion ausgetragen werden - der Senat hat den engagierten Geistlichen den Jahn-Sportpark für die Begegnung angeboten.

Jürgen Wutschke[ddp]

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