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Quartett

© Tso

Diktatoren-Spiel: Schlechte Karten

Schwarzer Peter: Ein Kreuzberger Kleinverlag bringt ein "Führer-Quartett" heraus - mit den größten Tyrannen der Weltgeschichte. Innensenator Ehrhart Körting findet das "geschmacklos".

Der eine reißt einem Wachs-Hitler den Kopf ab. Der andere, namentlich der Verleger Volker Oppmann, entscheidet sich für einen subtileren Weg, Bilderpolitik zu betreiben. In Oppmanns Kreuzberger Kleinverlag „Onkel&Onkel“ ist ein „Führer-Quartett“ erschienen, das laut Untertitel „alle schwarzen Peter der Weltgeschichte“ – von Hitler über Stalin bis zu Mao und Idi Amin – in einem 9,90 Euro teuren Kartenspiel versammelt.

Darf man das? Von mehreren Seiten gibt es jetzt Kritik. Das Spiel sei „eine Geschmacklosigkeit“, sagt Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Das Nebeneinanderstellen von Hitler und Franco sei eine „Verharmlosung“ des jeweiligen kriminellen Kalibers, findet Historiker Arnulf Baring. Oppmann weist das zurück: „Es ist wichtig, dass man den Rechten ihre Ikonen wegnimmt und konsequent demontiert.“ Beim ersten Auftritt des im Dezember gegründeten Verlags auf der Leipziger Buchmesse habe die Bundeszentrale für politische Bildung am Nachbarstand gesessen. „Deren Mitarbeiter haben sich weggeschmissen vor Lachen und gleich fünf Quartette bestellt,“ erzählt Oppmann. „Wenn diese Leute unsere Ironie kapieren, mache ich mir keine Sorgen.“

Aber die macht sich der Verleger ohnehin nicht. Über die Hälfte der Startauflage von 2000 Exemplaren ist bereits verkauft. Langsam entwickle sich das Quartett zum Bestseller, freut sich der 33jährige. „Wenn es so weiter geht, wird es eine zweite Auflage geben.“ Ohnehin findet Oppmann, dass die Gestaltung der Karten jeden Verdacht entkräftet, sein Verlag könnte mit den abgebildeten Diktatoren sympathisieren. So ist die Vergleichskategorie „Abführmittel“ (bei Hitler steht dort: Selbstmord) eine eindeutige Verballhornung. Im Gegensatz dazu macht ein Konkurrenzprodukt wie das „Tyrannen-Quartett“ der Hamburger Firma „Weltquartett“ die Anzahl der Opfer zum Wettbewerbsfaktor.

Bei „Onkel&Onkel“ sind sogar die Spielregeln der Sache angepasst. Zwar sind die 32 Karten ganz traditionell in Quartette gegliedert – die Faschisten-Gruppe heißt „Schwarzbraun ist die Haselnuss“. Es geht aber nicht darum, alle Karten einer Gruppe zu sammeln, sondern sie so schnell wie möglich loszuwerden. „Das ist gar nicht so einfach“, sagt Oppmann. „Wie im echten Leben.“

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