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ITB

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Emirat, Kalifat, Sultanat: Wowereit und Brüderle erobern die ITB

Das Schöne an der ITB ist, dass dort alles schön ist: Auf Messerundgang mit Wowereit und Brüderle.

Ein Riesending. Obwohl es auf der ITB weder Pferde noch Ochsen gibt, obwohl dort weder Showstars noch Köche herumhüpfen, nimmt sie inzwischen mehr Platz weg als Grüne Woche oder Funkausstellung. Das Prinzip Fernweh funktioniert und macht diese Messe zur mit Abstand weltläufigsten der Stadt; die Emirate, Kalifate und Sultanate dieser Welt sind geschlossen zur Präsentation angetreten, alle anderen möglichen Traumziele ebenfalls.

Der Schauwert für Nicht- Profis bleibt dagegen eher gering. Richtig lustig ist es vor allem am ersten Tag, und zwar überall dort, wo sich die Kurzreisenden Wowereit und Brüderle zum Rundgang einfinden und ausgeklügelten Torturen unterzogen werden. Bei Air Berlin beispielsweise gibt es Currywurst, die aber erst eingenommen werden darf, nachdem drei Sopranistinnen in sehr engen schwarzen Kleidern den wichtigen Gästen mit sattem Vibrato dreistimmig „O sole mio“ vorgetragen haben. Also ist sie lauwarm.

Doch das ist noch nicht alles, denn droben im ersten Stock, dem Vip-Bereich, wartet noch die Premiere der neuen Firmenhymne, ebenfalls exekutiert durch die drei Sängerinnen. Im Text wird viel geflogen und geglaubt und geträumt. Die Musik klingt, als hätte das Phantom der Oper irgendwas Falsches geraucht. Folglich stehen Minister und Bürgermeister baff da, Air-Berlin-Chef Hunold beginnt, enthusiastisch auf drei zu klatschen. Was sollen Wowereit und Brüderle tun? Sie klatschen mit und erzeugen damit einen Stimmungshöhepunkt der ITB.

In der großen Halle Polens werden die beiden Politiker nur von dezentem Wellness-Geklimper empfangen. Und die deutsche Tourismus-Zentrale, die sie nach hektischem Herumfahren übers Messegelände ebenfalls erreichen, spielt gar keine Musik und wird deshalb in Sachen Small Talk eher knapp gehalten.

Das Schöne an der ITB ist, dass dort alles schön ist. Alle teilnehmenden Länder gebieten über pittoreske Palazzi, türkisblaue Lagunen oder wenigstens akkurat durchgefegte Wüsten, und selbst eher fragwürdige Schurkenstaaten garantieren den Touristen einen Grad von Lebensqualität, wie er selbst an der Elbchaussee nur stellenweise erreicht wird. Fünf- Sterne-Urlaub kann man praktisch überall machen, lautet die Botschaft, Nordkorea vielleicht mal ausgenommen. Und wenn das Geld nicht reicht, packt der fernwehkranke Besucher die Info-Tüte der „Tropical Islands“ in Krausnick/Brandenburg etwas fester und schwenkt sie entschlossen vor dem Stand der Malediven, kann ja sein, dass dabei was überkommt. Flache Agrarländer, wie sie vor allem im deutschen Osten vorkommen, präsentieren sich als wohlig warme Sauna- und Badelandschaft, eine Wanne voll Heilschlamm findet sich noch im letzten Haufendorf.

Ein großer Teil der Ausstellung ist für Amateure ungeeignet. Es handelt sich um das weite Feld der Software, der Buchungsportale und anderer Hilfsmittel, ohne die heute selbst die Pension Hildegard in Süderbrüsum keine Überlebenschance mehr hat. Die fetten Kataloge, die überall ausliegen, wirken angesichts dieser Perspektiven hoffnungslos altmodisch. Aber wer sie alle durchblättert, der hat auch irgendwie Urlaub gemacht, und das für gerade einmal 14 Euro. bm

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