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© Kai-Uwe Heinrich

Feste: Ab auf die Straße

An diesem Wochenende vergnügen sich die Berliner auf vielen Feten. Schweden begeht den Mittsommer, Neukölln wird Kunstkiez und in Kreuzberg spielt die Musik.

An diesem Wochenende ist sogar ein Besuch der keramischen Abteilung ein Kunstgenuss. Wie schön die Altpapierhandtücher als Blumen an den Spiegel geklemmt sind! Und im Innenraum des alten Postamtes, Karl-Marx-Straße 97/99 in Neukölln, erschafft der Künstler Fernando Rubio Ahumada aus Kolumbien individuelle Blütenträume. „Tunken Sie ihre aneinandergelegten Finger bitte in das rote Wachs und dann ins kalte Wasser“, sagt der in Spanien lebende Kreative. „Tut nicht weh.“ Dann das erkaltete Wachs ablösen – fertig ist das selbst geformte Blütenblatt. So viel ist los in Berlin an diesem Wochenende, so viele Feiern – und nur zwei Tage Zeit, alle auszukosten.

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Beim schwedischen Mittsommerfest gibt es auch für Kinder Programm. -

© Kai-Uwe Heinrich

Nordische Botschaften. Das Schönwettergebiet hängt ja gerade über Skandinavien, also ab zu den nordischen Botschaften, da fliegen keine regenbogenfarbenen Luftballons wie beim CSD, dafür blau-gelbe: Schweden lädt anlässlich der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft ein, und viele gehen hin. Wie Familie Irngartinger aus Kleinmachnow am Sonnabend. Ihr Name kommt zwar aus Bayern, aber sie sind Schwedenfans. „Wir waren gerade mit dem Wohnwagen in Südschweden, traumhaft“, sagt Silke Irngartinger. Anna und Helen, die Töchter, bekommen eben Lesezeichen mit einem Kuscheltier dran geschenkt. Es gibt jede Menge zu tun auf Pippi-Langstrumpf-Kletterburgen, bei Mal- und Rätselspielen.

Die Großen testen derweil Elchbratwurst und Elchschnaps. Das FEZ ist auch vertreten, und ein schwedisches Möbelhaus wirbt auf Velotaxen. Gesa Meyer, Skaninavistik-Studentin aus Kiel, bekommt für den Job am Kinderspielstand kein Geld, die Reise nach Berlin hat sie auch allein bezahlt. „Aber es ist toll hier.“

Bergmannstraßenfest. Auch in Kreuzberg ist viel Besuch von außerhalb unterwegs. Wegen so viel Kundschaft steht „Lichtblick“-Berater Ulrich Schneider tapfer im Rauch das benachbarten Gözleme-Eierkuchenstandes. „Ökostrom“, man möge doch bitte etwas tun, ruft er immer wieder, während sich die Menge zwischen Kinderriesenrad und Schmuckständen, Caipi-Buden und dem Wunschbrunnen des Kreuzberger Brunnenateliers vorbeidrängt, und auch der Fachwerkhof Solmsstraße 30 ist gut besucht. Der Ökostrommann muss zwar arbeiten, aber erfahrungsgemäß läuft das Geschäft in seiner Branche in Kreuzberg selbst bei einem Straßenfest besser als „in Marzahn, wo Ökostrom für viele noch ein Schimpftwort ist“, wie es in seiner Branche heißt.

48 Stunden Neukölln. So richtig zu feiern haben sich auch Claudia und Werner Dittmaier vorgenommen. Die beiden sind aus Frankfurt am Main zu Besuch in Berlin, ihr Sohn studiert hier, und Arthur Abraham sollte am Abend boxen. Aber erst mal stehen sie mit dem auseinandergefalteten „48 Stunden Neukölln, 11. Kunst- und Kulturfestival“-Programmflyer vor der früheren Post an der Karl-Marx-Straße und wissen vor lauter Angeboten gar nicht, womit sie anfangen sollen.

Druckt man sich das Programm allein für Sonntag aus, bekommt man einen Stapel so dick wie das Telefonbuch. 100 Akteure, 270 Standorte, über 550 Veranstaltungen. Nordneukölln, fernab von Rütli-Schock und Hundehaufen-Slalom. Stattdessen Kirchen- und Kräuterführungen, Glasperlenwickeln überm Feuer oder eine Kunstfälscher-Ausstellung im Kunstsalon Posin, die Fünfziger-Jahre-Modenschau, Ruderregatten, sogar um ein Stadtschloss auf dem Hermannplatz geht es. Skoda sorgt für einen Limousinen-Shuttle, auch ein Schiffsshuttle ist eingerichtet.

Und so trägt Berlin sein kreatives Karma an diesem Wochenende hinaus in die Welt: Die Fotos der Berliner mit ihren roten Wachsblüten stellt der Künstler aus Kolumbien auf seine Homepage im Netz.

Schwedisches Sommerfest, Nordische Botschaften, Rauchstr.1, Tiergarten, 11-22 Uhr.

48 Stunden Neukölln in ganz Nordneukölln, bis 19 Uhr „drinnen und draußen und fast immer umsonst“. Infotelefon beim Kulturnetzwerk Neukölln: 68 24 78 21. Internet: www.48-stunden-neukoelln.de

Bergmannstraßenfest, Kreuzberg, Bühnenprogramm heute noch von 11 bis 20 Uhr.

Annette Kögel

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