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Fliegen aus Leidenschaft: Technikmuseum zeigt Sportflugzeug von Ernst Udet

Im Technikmuseum steht jetzt eine Maschine des berühmten Piloten Ernst Udet. Es ist die weltweit einzige noch existierende Maschine, ein Beispiel für den innovativen Flugzeugbau.

Und mit solch einer fliegenden Kiste ist der berühmte Ernst Udet hoch zur Zugspitze geflogen? Ein knapp sechs Meter langer Tiefdecker, ein Konstrukt aus Holz, Leinwand und Leim, vorne irgendwie ein Fünf-Zylinder-Sternmotor mit bescheidenen 55 PS angeschraubt, die beiden Sitze offen, die Windschutzscheiben wohl mehr symbolisch gemeint – schon hier am sicheren Boden, im vierten Stock des Technikmuseums am Landwehrkanal, kann einem schlecht werden. Und einigen der Teilnehmer des Zugspitzflugs vom 31. Januar 1925, jedenfalls den flugungewohnten Passagieren, soll reihenweise hundeübel geworden sein, als sie von den Kreuz- und Querböen durchgeschüttelt wurden. Schon mehrfach war Deutschlands höchster Gipfel, immerhin 2962 Meter hoch, umkreist worden, aber nie zuvor mit so leicht motorisierten Kleinflugzeugen, elf Maschinen insgesamt, darunter fünf des Typs Udet U 10. Gut möglich, dass auch die am Montag im Technikmuseum vorgestellte Maschine darunter war, schließlich wurden von diesem Sportflugzeug nur acht Exemplare gebaut.

Es ist die weltweit einzige noch existierende Maschine, ein Beispiel für den innovativen Flugzeugbau, zu dem deutsche Firmen wie die Udet Flugzeugbau GmbH in München-Ramersdorf durch die Restriktionen des Versailler Vertrages gezwungen waren. Die Leistungen der Maschine seien mit denen eines modernen Leichtflugzeuges voll konkurrenzfähig, schwärmt Lars Urban, einer der drei Restauratoren, die fünf Jahre lang an der Maschine arbeiteten. Original sind die Tragflächen und der Motor, Rumpf, Leitwerk und Fahrwerk wurden nach alten Konstruktionsskizzen und Fotos ergänzt, in Materialien, Technik und Werkzeugen möglichst originalgetreu. Auf die Sitze wurde verzichtet, dazu fehlten die Pläne.

Die Geschichte des Flugzeugs ist kaum weniger abenteuerlich als die des Mannes, dessen Namen sie trägt. Ernst Udet, geboren 1896 in Frankfurt (Main), war schon in seiner Jugend ein Flugzeugnarr. 1915 erwarb er privat den Pilotenschein, der Weg in die neue Fliegertruppe war damit vorgegeben, wo er mit 62 Abschüssen zum dem nach Manfred von Richthofen, dem „Roten Baron“, erfolgreichsten deutschen Jagdflieger des Ersten Weltkriegs wurde. Nach dessen Ende blieb er beim Fliegen, gründete 1922, unterstützt von dem Amerikaner William Pohl, die Udet Flugzeugbau GmbH, um leichte Sport- und Reisemaschinen zu bauen. 1925 stieg Udet bereits wieder aus, die Firma ging in den Bayerischen Flugzeugwerken auf, die später Jagdmaschinen wie die Messerschmitt Bf 109 bauten.

Die Udet U 10, von der die Flügel stammen, wurde 1924 gebaut. Eine Gräfin, die bei Udet das Fliegen lernen wollte, hatte sie erworben und sie ihm später, als er aus der Firma schon ausgestiegen und sie längst mehr als nur seine Flugschülerin war, geschenkt. Bis 1927 war das Flugzeug in Betrieb, dann überließ Udet sie der Akademischen Fliegergruppe München, ohne Motor. 1929 erwarb sie ein Graf von Bülow, baute erneut einen Motor ein, der beim Testflug aber versagte. Die Maschine überschlug sich, und da sich herausstellte, dass sie weder zugelassen war noch der adlige Pilot eine Fluglizenz besaß, ließen die Behörden die Tragflächen kurzerhand durchsägen. Auf unbekanntem Weg landeten sie Anfang der siebziger Jahre im Dresdner Armeemuseum und dann durch einen Tausch in den Neunzigern im Berliner Technikmuseum. Der Motor dagegen wurde 2004 in Argentinien aufgetrieben, er stammt ebenfalls aus einer verunglückten Maschine.

Udet machte später in Hermann Görings Luftfahrtministerium Karriere, stieg zum Generalluftzeugmeister auf, war mit dieser Funktion als Leiter einer großen Behörde aber überfordert und geriet in Ungnade. Am 17. November 1941 erschoss er sich in Berlin und erhielt auf dem Invalidenfriedhof ein Staatsbegräbnis. Carl Zuckmayer, der Udet persönlich kannte, wurde durch dessen Schicksal zu seinem Drama „Des Teufels General“ (1946) inspiriert, das neun Jahre später von Helmut Käutner verfilmt wurde, mit Curd Jürgens in der Titelrolle. Andreas Conrad

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