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French CONNECTION: Schön und voller Verheißungen Jean-Claude Crespy liebt van Goghs „Zypressen“

Wie finden Franzosen, die in Berlin leben, die schönsten Franzosen aus New York? Wir haben sie gefragt – unsere Serie stellt Wahlberliner und ihre Lieblingsbilder vor.

Wie finden Franzosen, die in Berlin leben, die schönsten Franzosen aus New York? Wir haben sie gefragt – unsere Serie stellt Wahlberliner und ihre Lieblingsbilder vor.

Jean-Claude Crespy, 50, leitet seit drei Jahren das Maison de France am Kurfürstendamm 211. Im Rahmenprogramm der Ausstellung „Die schönsten Franzosen kommen aus New York“ hielt der Direktor des französischen Kulturinstituts in diesen Tagen die Einführung zu einer abendlichen Lesung in der Neuen Nationalgalerie. Der Schriftsteller Charles Baudelaire über den Maler Eugène Delacroix war das Thema, zu dem sich der Literaturwissenschaftler und Übersetzer, unter anderen von Rilke, eingangs äußerte. „Der anregendste aller Maler“, so Baudelaire über Delacroix, ist dabei selbst nicht Crespys Favorit in der Ausstellung. Dessen „schönster Franzose“ aus New York ist vielmehr ein Niederländer – haben es doch „Die Zypressen“ von Vincent van Gogh dem Germanisten aus Paris angetan.

Der Kunstfreund: „Van Gogh fand erst in Paris zu seiner künstlerischen Verwirklichung, für mich gehört er nicht zuletzt deshalb sozusagen mit zu den schönsten Franzosen, mit denen er ja auch nach Berlin kam. Seine Zypressen faszinierten mich schon immer – die Leidenschaft, die er darin ausdrückt. Versuchten die meisten Impressionisten das Licht aufzufangen, was ihren Bildern Ruhe, Heiterkeit und ein positives Lebensgefühl verlieh, so mühte sich van Gogh darum, zum Kern der Wirklichkeit zu finden. Nicht das Licht, sondern die Wärme des Lichts zeigt er – gleichzeitig schön und verheißungsvoll. In der Bewegung der Zypressen sieht man fast Flammen züngeln. Man denkt, die Wirklichkeit geht permanent darin auf. Van Gogh ging zu der Zeit schon den Weg der Einsamkeit, getrennt von Freunden und Gesellschaft. Mit den Zypressen ist es ihm gelungen, kein Bild zu machen, sondern eine Begegnung darzustellen – die mit dem Feuer, dem Urelement. Flammen, für den einsamen Künstler zugleich der permanente Brand der Wirklichkeit.“



Das Gemälde: „Die Zypressen“ malte van Gogh Ende Juni 1889, kurz nach seinem freiwilligen einjährigen Aufenthalt in der Heilanstalt von Saint Rémy. „Schön wie ein ägyptischer Obelisk“ fand er die Immergrünen und gab seiner Faszination mit drei Gemälden Ausdruck. Sie sollten Teil einer Serie werden, etwas „Gegensätzliches und doch Gleichwertiges“ zu den Sonnenblumenbildern, die van Gogh zuvor in Arles gemalt hatte. „Die Zypressen“ gehören zu den späten Werken des 1890 mit 37 Jahren durch Suizid verstorbenen Niederländers, der zur künstlerischen Ausbildung nach Paris kam, wo er mit impressionistischen Techniken experimentierte. Geprägt unter anderen von Delacroix’ Farbkontrasten, entwickelte er seinen Stil, in dem die expressive Behandlung von Farbe und Form im Vordergrund steht. Heute zählen die Gemälde Vincent van Goghs, der selbst in einfachsten Verhältnissen lebte, zu den teuersten der Welt. (Infos aus dem Katalog)

Notiert von Heidemarie Mazuhn

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