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Fuerzabruta

© dpa

''Fuerzabruta'': Das Schrille nach dem Schuss

Vor fünf Jahren waren die Krawallartisten von "De La Guarda“ schon einmal in Berlin Jetzt sind sie zurückgekommen und zeigen "Fuerzabruta“ am Ostbahnhof.

Der Nebel hängt dick in der Luft, wie im schottischen Hochland. Gut, dass jede Menge Menschen mit im Dunkeln warten, die einen vor Überraschungen abschirmen. Musik aus harten Elektrobeats und Ethnogesang dröhnt. Gekicher schwirrt durchs Schwarze Zelt am Ostbahnhof, in dem es weder Bühne noch Bänke gibt. Passiert ist noch nichts, trotzdem sind die ersten Zwischenrufer schon völlig aus dem Häuschen – Partystimmung wie vor einem Rockkonzert. Die Idee des leeren Raums hatten die argentinischen Theatermacher von „De La Guarda“ schon 2002 erfolgreich in Berlin verwirklicht. Da strömten Adrenalin-Junkies monatelang in eine Borsig-Industriehalle nach Wilhelmsruh zur Show „Villa Villa“.

Die gleiche Mischung aus Adrenalin und Akrobatik gibt es auch bei „Fuerzabruta“, der Brachialgewalt. Am Freitag war das Programm schon einmal in einer Voraufführung zu sehen, die eigentliche Premiere folgte gestern Abend.

Und noch mehr Nebel, aus dem plötzlich ein Mann auftaucht. Schneller und schneller eilt er über ein Laufband, das ins Zelt geschoben wird. Ein Schuss dröhnt, er strauchelt, während sich auf dem Förderband weitere Menschen, dazwischen Möbel, in den Zeltraum schieben. „Jetzt kommt er in den Himmel“, vermutet ein Zuschauer. Lautes Reinreden ist bei dieser Show völlig in Ordnung. Ringsum weiterhin Düsternis, pumpende Beats, die folgenden Szenen sollen wohl Träume darstellen. Ein kleines Wasserbassin senkt sich von der Decke. Eine Nixe vergnügt sich darin, sucht Kontakt zu dem drunterklebenden Luftakrobaten, beide winden und drehen sich. Die Leute schreien, klatschen, schauen gebannt nach oben.

Und wieder der Mann auf dem Laufband, schon zum zweiten Mal hat er sich aufgerappelt. „Gleich wird er wieder erschossen“, wird ringsum vermutet. Zu Unrecht, er muss stattdessen krachend durch Styroporwände springen.

Am Zelteingang hatten Schilder vor Nebel, Pyrotechnik, Wasser gewarnt – und vor Stroboskoplicht. Es wird heftig und gern eingesetzt, neben blendenden Scheinwerfern und Taschenlampen. Doch immer wieder erlöschen sie, und alle wenden sich nun in der Finsternis hin und her, suchen nach der nächsten Attraktion. Auch rumzulaufen und nach den glitzernden Vorhängen zu haschen, ist erlaubt. Sie hängen überall herum, mal mit Akrobaten daran. Doch was wie Seide aussieht, ist nur Plastikfolie.

Aus diesem Material ist auch der große Wassertank, der in ruhigeren Showteilen von der Decke schwebt. Mittlerweile vier Nixen planschen in der Riesenpfütze umher und malen mit ihren Körpern schöne Bilder. Das Publikum macht große Kinderaugen und würde sie wohl gerne anfassen. Daraus wird nichts, im Gegenteil. Denn manchem unschuldigen Zuschauer wird an diesem Abend von der tobenden Anarchotruppe eine Styroporplatte über den Kopf gezogen, auf dass es staubt und splittert. Überhaupt lässt man bei „Fuerzabruta“ besser die Abendgarderobe zu Hause. Obwohl der angebrochene Abend nach nur einer Stunde Show noch alle Möglichkeiten bietet.

„Ein bisschen kurz war’s“, mault denn auch ein Ehepaar aus Reinickendorf, findet die Show auch „nicht so ideenreich wie ,Villa Villa’“. Dem 31-jährigen Gabor Hentschel aus Pankow fehlen dagegen „vor Begeisterung die Worte“. Der Regisseur müsse wahnsinnig sein. Ein Architekt aus Mitte interpretiert das Spektakel sogar als „Parabel auf unser gehetztes Alltagsleben“. Nun ja, das mag so sein.

„Fuerzabruta“ gastiert bis 3. November im Schwarzen Zelt am Ostbahnhof. Karten ab 47 Euro bei www.berlin-ticket.de.

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