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Gorki Theater: Anja Schneider - die Amazonenkönigin

Einst spielte sie die Mutter von Otto, jetzt feiert Anja Schneider im Oktober gleich zweimal Premiere am Gorki Theater.

Über ihre erste Rolle in einem Kinofilm will Anja Schneider lieber nicht sprechen. Damals, vor elf Jahren, spielte sie die Mutter des ostfriesischen Komikers Otto Waalkes. Das ist längst Vergangenheit, inzwischen spielt sich Schneider verschärft in die Herzen des Theaterpublikums. Im Oktober hat sie am Maxim Gorki Theater in Mitte gleich zwei Premieren: Am heutigen Mittwoch mit der ausverkauften Erstaufführung von Heinrich von Kleists „Penthesilea“ und zehn Tage später startet Eugene O’Neills „Ein Mond für die Beladenen“ im kleinen Gorki Studio.

Der Weg von Ottos Mutter zur Amazonenkönigin Penthesilea dauerte ein paar Jahre. Dazwischen schlüpfte Schneider in die Figuren anderer Dramatiker und verkörperte Antigone oder Alkmene und spielte in Fernsehkrimis und Kinofilmen mit. Zu Hause ist sie vor allem auf der Bühne: Vom Jugendtheater in der Heimat im thüringischen Altenburg ging es über die Ernst-Busch-Schauspielschule in Berlin nach Freiburg und dann fünf Jahre ans Schauspielhaus Leipzig, bevor Schneider 2006 ins Gorki–Ensemble geholt wurde. Ein Jahr später zog sie dann nach Friedrichshain – sie wollte im Osten bleiben. „Was hier in Berlin in der Luft liegt, diese Größe, das Potenzial an Publikum. Es ist toll, daran teilzuhaben“, sagt Schneider, die sich in der Stadt fast nur mit dem Rad bewegt, weil sie kein Auto will. Und die Zuschauer wollen an ihr teilhaben: Publikum und Kritiker loben die 33-Jährige, die bereits mehrere Theaterpreise bekam.

Der Erfolg scheint in die Wiege gelegt. Denn wenn die Mutter wie die berühmte Schauspielerin Romy Schneider heißt, muss der Weg doch wenigstens ein bisschen vorbestimmt sein. Nein, sagt Schneider, das habe nie eine Rolle gespielt, den Beruf habe sie sich selbst ausgesucht. Und einmal so gefeiert werden wie die Sissi-Darstellerin? „Ich habe nie davon geträumt, ein Star zu sein“, sagt sie ruhig und bedächtig. Kaum vorstellbar, dass sie auf der Bühne zur Furie werden kann. Sie wolle Geschichten erzählen, die Leute berühren, ihnen ein Erlebnis verschaffen. „Das ist doch das Alleinstellungsmerkmal von Theater, über zwei Stunden diesen Zauber zu verbreiten.“ In erster Linie sei Schauspielerei aber einfach ein Beruf, um Geld zu verdienen.

Noch immer ist sie vor jeder Aufführung nervös. „Geht nicht weg, wird immer schlimmer“, sagt sie. Erst recht vor Premieren. Am 30. Oktober ist dann Berlin-Premiere von „Ein Mond für die Beladenen“, einer Gemeinschaftsproduktion mit dem Schauspielhaus Bochum, wo das Stück bereits aufgeführt wurde. Darin wird sie zum heimatverbundenen Landei Josie, das vor dem Verlust ihres Besitzes und somit ihres Lebensmittelpunktes steht. Bei Kleist spielt sie eine kriegerische Amazone, eine von der Gesellschaft erschaffene Heldin, die genauso schnell vom Sockel gestoßen werden kann, wie sie drauf gehoben wurde. Beides sind aktuelle Themen, sagt Schneider, auch wenn die Stücke zu Beginn des vorigen Jahrhunderts oder in der Antike spielen.

Wenn sich der Vorhang schließt, schaltet sie das Schauspielern ab. Und wenn Freunde ihr dann mal vorwerfen, es zu tun, wird sie sauer. Im Alltag spiele sie nicht, da sei nur sie selbst. Die private Anja Schneider schaut sich gerne Filme abseits der großen Blockbuster in kleinen Programmkinos an. In Zukunft will sie wieder mehr vor der Kamera stehen. Nur ein Otto-Film wird es wohl nicht mehr werden. Den bereut sie aber nicht. War schließlich ihre erste Kinorolle, noch während des Studiums. Und weil es genau diese Bandbreite ist – von Ottos Mutter zu Antigone – die sie an ihrem Beruf liebt.

„Penthesilea“: Premiere 20. Oktober im Maxim Gorki Theater, Am Festungsgraben 2, Mitte, ab 10 Euro. „Ein Mond für die Beladenen“: Premiere 30. Oktober, 16 Euro, ermäßigt für beide Stücke 9 Euro, Kartentelefon 20 221 115, Infos: www.gorki.de

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