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Grüne Woche

© dpa

Grüne Woche: Menschen, Tiere, Käsewürfel

Am Freitag wird auf dem Messegelände die 74. Grüne Woche eröffnet. Partnerland sind in diesem Jahr die Niederlande Sogar Putin kommt. Besucher können exotische Gerichte probieren, sich über Ernährung informieren und seltenes Vieh erleben.

Messeveteranen wissen es: Wer sich zu einer Wanderung über die Grüne Woche aufmacht, braucht keinen Proviantkorb - dafür aber ein paar Euro in der Tasche. Eines der größten Vergnügen auf der "weltgrößten Verbraucherschau für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau" ist es schließlich, den leer gelaufenen Bauch mit den verschiedensten kulinarischen Spezialitäten zu füllen. 400 000 Besucher werden erwartet. Wer hungrig nach Hause geht, ist selber schuld.

Am morgigen Freitag wird die 74. Internationale Grüne Woche auf dem Messegelände am Funkturm eröffnet, sie dauert bis Sonntag, den 25. Januar. Rund 1600 Aussteller aus 56 Ländern kommen, und sie bringen 100.000 verschiedene Delikatessen mit. Zu kosten und zu kaufen gibt es Wildlachs aus Kanada (Halle 7.2c) oder das Maniokgericht "Attiéké" aus Burkina Faso (Halle 18). Zum ersten Mal ist das zentralasiatische Turkmenistan mit einem Stand vertreten. Die lokale Pferdefleischwurst "Tschutschuk" wird in Halle 11.2 angeboten.

Wer irgendwann so richtig vollgestopft ist mit internationalem Fingerfood, kann sich auf der vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ausgerichteten Sonderschau "Gesunde Ernährung genießen" (Halle 23a) darüber informieren, welche Delikatessen er in Zukunft vielleicht doch besser meiden sollte.

Mehr als 40 Tomatensorten aus den Niederlanden

Ein paar Poffertjes gehen aber immer. Die runden Minipfannkuchen - hierzulande von Volksfesten und Weihnachtsmärkten bekannt - sind eine sirupsüße Gelegenheit, dem diesjährigen Partnerland nachzuschmecken. Die Niederlande waren bereits 1951 mit einer Gemüsepyramide auf der Grünen Woche vertreten, zwei Jahre später waren sie der erste offizielle ausländische Aussteller. Heute exportieren die Niederlande nicht nur Grünzeug, sondern vor allem auch Käse nach Deutschland, rund 250 000 Tonnen sind es pro Jahr. Mit der blond bezopften und weiß bemützten "Frau Antje" gibt es bereits seit 1962 eine Käsebotschafterin eigens für den deutschen Markt. Auch auf dieser Grünen Woche lächelt Antje hinter Käsewürfeltabletts hervor.

Grüne Woche
Das Messegelände im Uhrzeigersinn: Die Gartenhallen, die "Internationale Blumenhalle", Produktmarkt "Kräuter-Gewürze-Tee", Bio-Markt, Parallelmesse "Heim-Tier und Pflanze" (Südeingang), "Erlebnisbauernhof", Ausstellung "Jagd und Angeln", die Tierhalle und die Schau "Lebens-Traum Dorf". -

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Bei den gängigen Klischeevorstellungen will das Nachbarland auf der Grünen Woche aber nicht stehenbleiben - auch nicht bei der Mär von der wässrigen Gewächshaustomate. Mehr als 40 verschiedene Tomatensorten werden aktuell in den Niederlanden angebaut. In einem "Geschmackshaus" sollen Besucher sich von den ungeahnten Qualitäten des Gemüses überzeugen können. Auch ein revolutionäres Produkt wird präsentiert: Eine neu gezüchtete Salatsorte kann mit einem einzigen Schnitt bequem in mundgerechte Stücke zerlegt werden. Ob's auch schmeckt, kann man in Halle 18 testen.

Es geht nicht nur ums Schlemmen

Damit kein falscher Eindruck entsteht - auf der Grünen Woche geht es nicht nur ums Schlemmen. Vielmehr funktioniert die Schau laut Geschäftsführer Christian Göke als "weltweit wichtigste agrarpolitische Veranstaltung". Mehr als 300 Symposien, Seminare und Kongresse richten sich an rund 100 000 Fachbesucher. Die Veranstaltungen beschäftigen sich mit Zukunftsthemen wie Klimawandel oder Energiegewinnung. Am 17. Januar tagt die 2. Internationale Agrarministerkonferenz mit 1000 Teilnehmern, am selben Tag kommen mehr als 30 Landwirtschaftsminister im Schloss Charlottenburg zum 1. Berliner Agrarministergipfel zusammen. Um den Politikern "Handlungsempfehlungen" aus der Praxis anbieten zu können, widmet sich zudem vom 15. bis 18. Januar das "Forum Agrar- und Ernährungsindustrie" dem Thema Welternährung. "Noch nie haben die Spitzenvertreter der gesamten Wertschöpfungskette des Agribusiness gemeinsam mit der Agrarpolitik auf so hohem Niveau und so global die Schlüsselfragen für die Zukunft der Menschheit diskutiert," sagte Göke. Auch der für Freitagnachmittag geplante Besuch des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin in der Russlandhalle 2.2 zeige die Bedeutung der Grünen Woche.

Für Berlin ist sie ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Insgesamt schuf die Grüne Woche hier laut Veranstalter im vergangenen Jahr einen Kaufkraftzufluss von etwa 150 Millionen Euro. Die 425 000 Besucher ließen mehr als 44 Millionen Euro auf der Messe. Schließlich gibt es dort nicht nur haufenweise Häppchen, es gibt auch Schnäppchen. Im Gartenbaubereich rund um die Halle 9b etwa werden Düngemittel und Gartengeräte angeboten. Auf der Sonderausstellung "Jagen und Angeln" in Halle 26a gibt es vom Fliegenköder bis zur Lodenjacke alles, was das Naturfreundeherz begehrt. Und die Parallelmesse "Heim-Tier und Pflanze" in Halle 1.2a verkauft zwar keines der über 5000 gezeigten Tiere, von der Gottesanbeterin bis zum Zwerghuhn, dafür gibt es aber Aquarien und Trockenfutter.

Sowieso, die Tiere. Gerade Stadtbewohner sind ja meist bloß den Anblick von Hund und Katze gewöhnt. In der Tierhalle 25 gibt es nun eine echte Rarität zu sehen: Das Alpine Steinschaf wurde zur "gefährdeten Haustierrasse des Jahres" ernannt. Im Jahr 1863 lebten im gesamten Ostalpenraum noch über 200 000 Steinschafe, aktuell gibt es in Deutschland nur noch 190 der kleinen, drahtigen Tiere. Die werden bestimmt nicht zu Fleischwurst verarbeitet.

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