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alice waters

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BESSER ESSEN: In delikater Mission

Wie Jurymitglied Alice Waters dafür kämpft, dass sich alle gesund ernähren.

Die leckere Revolution kommt von unten, glaubt Berlinale-Jury-Mitglied Alice Waters: „Aus dem Kindergarten.“ Daran wirkt die Chefin des Gourmet-Restaurants „Chez Panisse“ in Berkeley selber kräftig mit. „Wenn wir nicht die ganz kleinen Kinder mit dem Geschmack guter Nahrungsmittel verführen, werden wir keinen Erfolg haben“, sagte die Erfinderin der gesunden California Cuisine bei der ersten Tea Time des Kulinarischen Kinos, einer neuen Veranstaltungsreihe der Berlinale.

Seit 30 Jahren kämpft die Nahrungsaktivistin in der Fast-Food-Nation USA für die Verwendung lokaler Bioprodukte. Wie schwer das ist, erläuterte sie an Beispielen. Einmal hat sie für ältere Schüler Tacos mit organischen Bohnen gefüllt und ihnen dazu selbst gezüchtete Pfirsiche angeboten. Aber die Schüler winkten ab. Die Tacos sahen nicht so aus wie die in der Fast-Food-Kette, und die Pfirsiche hatten, igitt, eine Haut. Immer wieder kamen bei der Tea Time mit dem Titel „Hungry for Change“, an der auch „Feinschmecker“-Chefredakteurin Madeleine Jakits und Ruth Reichl, die Chefredakteurin des US-Magazins „Gourmet“, teilnahmen, die Machenschaften der Lebensmittelindustrie zur Sprache, die der Auftaktfilm „Food, Inc.“ enthüllt hat. In dem kommen Familien vor, die Hamburger essen, weil sie billiger sind als Brokkoli. „Das billigste Essen“, sagt Alice Waters, „ist das, welches man selber anbaut.“ Sie wünscht sich, dass der neue US-Präsident Obama dem Gemüsegarten des Weißen Hauses mehr Öffentlichkeit verschafft. Am Vorabend seiner Inauguration hat sie in Washington begehrte Dinners organisiert,,um das Bewusstsein für organisches Essen zu schärfen“. Der neue Präsident ernähre sich zwar gesund, aber er tue das heimlich, um nicht elitär zu wirken. „Gäbe es Fernsehbilder der Präsidentenkinder, wie sie Gemüse aus dem eigenen Garten ernten, gäbe die Küche des Weißen Hauses jede Woche die Rezepte bekannt, nach denen sich die First Family ernährt, wären neue Vorbilder geschaffen“, sagte Ruth Reichl. Angesichts der weltweiten Obama-Begeisterung könnten die weit über die USA hinaus wirken.

„Wir müssen wieder kochen lernen, uns darauf besinnen, dass ein Gericht aus einzelnenen Zutaten besteht, und viel Zeit darauf verwenden, wirklich gute Produkte von lokalen Höfen zu kaufen, dann verändert sich auch der Geschmack“, ist sich die Jurypräsidentin sicher. „Das ist wie ein Zauber.“ Das Umweltbewusstsein, das sich bei spritsparenden Autos längst bemerkbar macht, müsse sich endlich auch auf die Lebensmittelindustrie erstrecken. Einst wurden Köche zu Stars, jetzt seien die Produzenten wirklich guter Lebensmittel dran.

Auch Filme können dazu beitragen, die „delicious revolution“ zu befördern, ist sich Alice Waters sicher: „Gute Filme übers Essen können Menschen rund um den Globus elektrisieren und ihr Bewusstsein verändern.“ Die öfter gestellte Frage, warum ausgerechnet eine Köchin Berlinale-Jury-Mitglied ist, beantwortete der Chef des Kulinarischen Kinos, Thomas Struck: „Kultur und Essen sind schließlich die Grundlagen unseres Lebens.“ Elisabeth Binder

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