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In die Mitte gerückt. Früher residierten Georgiens Botschafter in Pankow, Gabriela von Habsburg verlegte den Amtssitz weiter ins Zentrum. Sie findet es wichtig, möglichst viele persönliche Gespräche zu führen, um Investoren und Touristen für ihr Land zu begeistern.

© Kitty Kleist-Heinrich

Vorfahren: Kaiser-Enkelin in europäischer Mission

Gabriela von Habsburg ist Nachfahrin des letzten österreichischen Herrschers – und nun Botschafterin Georgiens in Berlin. Eine Begegnung.

Die Ähnlichkeit ist unverkennbar. Georgiens Botschafterin Gabriela von Habsburg sieht ein bisschen aus wie „Sissi“. Nicht wie die Filmfigur, gespielt von Romy Schneider, sondern wie die echte. Kein Wunder, denn „Kaiserin Elisabeth“, wie Gabriela von Habsburg sie nennt, gehört zur weitläufigen Familie der Ahnen. Die Enkelin des letzten österreichischen Kaisers empfängt in ihrem Berliner Dienstzimmer, ist elegant in Schwarz gekleidet und hat keine Mühe zu erklären, warum sie mit 53 Jahren umgesattelt hat von der Bildhauerin zur Botschafterin. „Unsere Familie engagiert sich aus einer tiefen Überzeugung für ein freies und demokratisches Europa“, sagt sie selbstbewusst. „Nicht der Name Habsburg steht im Vordergrund, sondern die Vertretung des Landes Georgien. Ich bin dazu erzogen worden, Verantwortung zu übernehmen.“

Gespräche über Politik haben ihr Leben von klein auf bestimmt: „Das spielte bei uns immer eine große Rolle“, sagt sie. Ihr Vater ist der heute 98-jährige frühere Europaabgeordnete Otto von Habsburg. Man solle, fügt sie hinzu, nicht glauben, dass die Kunst unpolitisch sei. Auf jeden Fall wird die Kunst dazu beitragen, dass Gabriela von Habsburg eine gute Türöffnerin sein wird für Georgien. Bei der Verleihung des Henry-Kissinger-Preises in der American Academy posierte sie lächelnd mit dem New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg. Nein, nicht in ihrer Rolle als Botschafterin. Diesmal war sie als Künstlerin geladen, denn sie hatte die Skulptur zum Preis entworfen.

Aufgewachsen ist sie in Bayern. Durch die Kunst kam sie nach Georgien. „Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs fand ich den Osten einfach spannend.“ Den Ausstellungen ihrer Werke in der Hauptstadt Tiflis folgte eine Gastprofessur. Sie lernte wichtige Politiker kennen, inzwischen das ganze Kabinett. Ihre Ernennung zur Botschafterin erfolgte aber nach strengen Regularien. Der Präsident hat sie vorgeschlagen, dann tagte eine Kommission, und das Parlament hat schließlich entschieden.

Ihr Zimmer hängt voller Landkarten. „Manches kann man besser verstehen, wenn man auf eine Landkarte schaut“, sagt die Botschafterin. Und dann wird sie urplötzlich ganz politisch. „Dieses kleine Land soll Russland überfallen haben? Dass das nicht sein kann, erschließt sich auf den ersten Blick. Schon aus Selbstschutzgründen nicht.“ Sie war da im Sommer vor zwei Jahren, hat alles mitbekommen, die wachsenden Spannungen und auch den Krieg in Südossetien.

Freilich macht sie aber deutliche Unterschiede zwischen den Menschen und der Politik. Schwärmt von der russischen Kultur, den engen Freundschaften zwischen georgischen und russischen Menschen, erzählt, wie es ihr „Herz berührte“, als sie die blassen, jungen russischen Soldaten sah. „Mit den russischen Menschen haben die Georgier nie die Probleme gehabt, die haben sie heute auch nicht: Es ist die jetzige Regierung Russlands, die große Probleme verursacht.“

Obwohl Gabriela von Habsburg „grundsätzlich nie über ihr Privatleben redet“, erwähnt sie im Gespräch, dass sie drei erwachsene Kinder hat. Eine Schwester ist Landtagsabgeordnete in Schweden, ein Bruder ist Sonderbotschafter in Ungarn, und außerdem hat sie eine Cousine und viele Freunde in Russland. Die Habsburgs sind weit verstreut und stolz darauf. Georgien aber, sagt sie, sei die Wiege Europas. „Das älteste europäische Skelett wurde dort entdeckt, es ist circa 1,8 Millionen Jahre alt.“ Erzogen dazu, die wichtigsten europäischen Sprachen zu kennen, kommt sie inzwischen auch mit Georgisch durch. Auf die Frage nach ihren Zielen fragt die Botschafterin prompt zurück: „Die großen oder die kleinen?“ Sie möchte eine Annäherung Georgiens an den Rest von Europa erreichen. Schließlich seien es nur dreieinhalb Flugstunden dorthin. Neben Armenien sei Georgien das erste Land gewesen, in dem das Christentum Staatsreligion war, schon im 4. Jahrhundert. An der Wand ihres Dienstzimmers hängt auch ein Bild des Patriarchen der georgisch-orthodoxen Kirche, deren Ritus dem der katholischen Kirche, der die Habsburger angehören, ähnlich ist. Mithilfe der Deutschen, die ein starker und eigentlich der wichtigste Partner seien, will sie erreichen, dass die Welt begreift, dass Georgien und Russland friedlich nebeneinander existieren können.

Am 22. März hat sie beim Bundespräsidenten ihr Beglaubigungsschreiben übergeben. Unmittelbar darauf begann sie damit, Georgien auch auf dem Berliner Stadtplan etwas zentraler zu platzieren. Der alte Standort Pankow war zu abgelegen für ihre Pläne, mehr Aufmerksamkeit auf das Land zu richten.

Ihre Residenz liegt nun gegenüber des Friedrichstadtpalasts. Das alte Gebäude ist verkauft, Gäste der Botschaft sollen künftig zentral in der neuen Kanzlei empfangen werden, diese befindet sich in der ehemaligen norwegischen Gesandtschaft in der Rauchstraße in Tiergarten. Sie ist gerne mit Menschen zusammen, findet es außerdem wichtig, möglichst viele persönliche Gespräche zu führen, um Investoren und vor allem Touristen für ihr Land zu begeistern. Jetzt legt sie als Botschafterin voll auf. Es sei sicher, im Land umherzufahren, es gebe das Schwarze Meer mit Palmen, eine Halbwüste mit frei lebenden Leoparden, Berge, höher als die Alpen. Georgien sei berühmt für seine Haselnüsse, für seinen Wein, für seine eigene Schrift, übrigens eine von nur insgesamt 13 Schriften auf der Welt. Und georgische Vokalmusik sei sogar in den Weltraum geschickt worden als exemplarisch für die Musik der Menschen. Es habe sich viel zum Guten gewendet in der letzten Zeit: „Auf der Antikorruptionsliste von Transparency International ist das Land in kürzester Zeit von Platz 127 im Jahre 2003 auf 66 hochgerückt.“

Sie will nicht nur auf kultureller Ebene arbeiten, sondern eben auch auf wirtschaftlicher, erwähnt also die sehr unternehmerfreundliche Steuerreform, die Freihandelszone, den ständig wachsenden deutschen Wirtschaftsverein. Als Quereinsteigerin ist sie unabhängig, kann reden, repräsentieren und die Position Georgiens in fließendem Deutsch erörtern. Man kann verstehen, warum der Präsident es für eine gute Idee hielt, sie als Botschafterin zu engagieren.

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